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Kleine Unterbrechung im Café: AZ-Redakteur Michael Heinrich (links) und AZ-Chefredakteur Arno Makowsky sehen es gelassen
Foto: 
Daniel von Loeper

Aktuell

Kaffeehaus-Journalismus: Ganz nah beim Leser

Die Abendzeitung arbeitete für eine Woche vom Café aus – Interview mit AZ-Chefredakteur Arno Makowsky

München, 19.10.2012

Dem „Kaffeehausjournalismus“, wie es Vize-Lokalchef Timo Lokoschat beschrieb, widmeten sich von Freitag bis Donnerstag einige AZ-Redakteure. An fünf Tischen des Café Ringelnatz im einstigen Bohème-Viertel Schwabing produzierten die Redakteure von morgens bis abends ihr Blatt. Freilich lief nebenher der Kaffeehausbetrieb weiter und die Besucher nutzten eifrig die Gelegenheit, mit den Zeitungsleuten zu sprechen. Zudem lud die AZ die ganze Woche über prominente Gäste ein.

Vom bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle, grünen und schwarzen Kandidaten für die OB-Wahl 2013, dem Oberbürgermeister Christian Ude, den Präsidenten der beiden Münchner Bundesligaclubs oder Liedermacher und Autor Konstantin Wecker und Literaten wie Friedrich Ani und Joseph von Westphalen – einige lokale Prominenz gab sich im Cafè Ringelnatz die Klinke. Gesprochen wurde auch über heikle lokale Themen, wie Gentrifizierung und „Wohn-Wahnsinn“ oder die Folgen der „Schwabinger Bombe“.

Die erstellten Inhalte wurde jeweils auf den Seiten zwei und drei und in den jeweiligen Ressorts der Zeitung publiziert. In der Online-Ausgabe finden sich auch noch mal alle Artikel, ergänzt durch Videos und Liveticker. Ein kleiner Coup gelang Sportchef Gunnar Jans mit der Reaktivierung von Waldemar Hartmann in „Waldis AZ-Club“.


„Enorm lehrreich“Interview zum AZ-Café mit Abendzeitung-Chefredakteur Arno Makowsky.

BJV.de: Wie sind Sie überhaupt auf diese Idee gekommen, gibt es Vorbilder dafür?

Arno Makowsky: Die Idee hatte ich, als ich mir die Frage gestellt habe, wie wir näher an unsere Leser herankommen. Ein Vorbild dafür gibt es meines Wissens nicht. Ich würde mich aber freuen, wenn die AZ anderen Verlagen damit eine Anregung gegeben hätte.

Haben Sie und einige Ihre Kollegen tatsächlich den ganzen Tag im Café gearbeitet?

Wir waren tatsächlich von morgens bis abends im Café, beteiligt waren täglich vier bis sechs Kollegen aus unterschiedlichen Ressorts plus ein Fotograf.

War es manchmal nicht schwierig, beispielsweise wenn das Layout dort erstellt wurde?

Das Arbeiten war oft stressig, wenn beim Schreiben die Kaffeemaschine gelärmt hat und Kleinkinder an den Hosenbeinen der Redakteure und Layouter gezerrt haben. Es war aber auch sehr unterhaltsam.

Wie kam die Aktion bei Ihren Lesern und bei den Gesprächspartnern an?

Die Reaktionen waren außerordentlich positiv sowohl im Café, wie auch von außen. Viele Leser mailten oder riefen begeistert in der Redaktion an. Die Gesprächspartner fanden die Aktion ausnahmslos toll, und viele versicherten, gerne wiederkommen zu wollen.

Was nehmen die Redakteure, die an dieser Aktion teilgenommen haben, davon mit?

Die Redakteure lernen leibhaftige Leser kennen. Nicht per Mail, nicht am Telefon, sondern direkt. Das ist enorm lehrreich.

Würden Sie es anderen Lokalzeitungen auch empfehlen, mal ins Kaffeehaus zu gehen würden Sie spezielle Tipps für Kollegen verraten?

Das kann ich jeder Lokalzeitung empfehlen. Wichtig sind gute Gäste und dass Aufreger-Themen besprochen werden. Und die Atmosphäre muss stimmen. Hier würde ich eher zu einem kleineren als zu einem zu großen Lokal raten.

Lässt sich so etwas vielleicht auch mit einem kleinerem Rahmenprogramm machen oder würde ohne interessante Gäste der Charme dieser Aktion womöglich nicht entstehen?

Ein attraktives Programm ist sehr wichtig. Vor allem wegen der Gäste kommen die Leser ins Lokal. Wenn sie mal da sind, interessieren sie sich aber auch für die Zeitung.

Planen Sie im nächsten Jahr vielleicht in einem anderen Stadtteil wieder ein AZ-Café?

Eine abschließende Bilanz steht noch aus. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass wir das AZ-Café in weiteren Stadtteilen wiederholen. Wir wollen uns in Zukunft stärker im hyperlokalen Bereich engagieren, dazu passt eine solche Aktion sehr gut.

Das Interview wurde per E-Mail geführt.

Thomas Mrazek

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