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Alles anders? Dr. Tobias Endler, Dr. Hilde Stadler und Klaus Kastan diskutierten darüber, wie US-Medien im Wahlkampf agieren.
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Christian Pfaffinger

Aktuell

Die gespaltenen Medien von Amerika

Die Fachgruppe Rundfunk diskutierte, wie US-Medien sich im Wahlkampf verhalten – und wie deutsche Medien sich davon unterscheiden

München, 25.10.2012

Barack Obama muss viel ertragen. Der US-Wahlkampf ist härter, persönlicher und gemeiner als wir es in Deutschland kennen. Und das gilt auch für die Medien. Über die Besonderheiten der US-Medien im Präsidentschaftswahlkampf und über die Unterschiede zur Wahlberichterstattung in Deutschland diskutierte die Fachgruppe Rundfunk mit zwei Amerika-Experten im PresseClub München, der auch zu dieser Veranstaltung eingeladen hatte.

Klaus Kastan arbeitete die vergangenen sechs Jahre als ARD-Korrespondent in Washington. Dr. Tobias Endler forscht und lehrt am Heidelberger Zentrum für Amerikanische Studien. Das Gespräch moderierte die Vorsitzende der Fachgruppe Rundfunk, Dr. Hilde Stadler. Schnell war klar: Die Unterschiede zwischen der Wahlberichterstattung in Deutschland und den USA sind groß.

US-Medien: Alles anders
Aus deutscher Sicht verhalten sich US-Medien oft radikal. Große Fernsehsender berichten parteiisch, überspitzt und teils falsch. Tobias Endler erklärt: „Das liegt daran, dass die US-Medien größtenteils privatwirtschaftliche Unternehmen sind. Im Kampf um Quote und damit Werbeaufträge wird stark polarisiert.“ Außerdem werden Medien immer wieder von branchenfremden Firmen aufgekauft. Daher ist auch der Einfluss der Wirtschaft groß. Das Geld, das in die Medien fließt, erreiche ein bedenkliches Ausmaß.

Gerade im Print-Bereich finden sich jedoch auch Positiv-Beispiele, hält Klaus Kastan dagegen. „Es gibt fantastische Zeitungen in den USA, die großartige investigative Leistungen bringen“, sagt er – gibt aber auch zu: „Diese werden hauptsächlich an den Küsten gelesen.“ Und von den Auslandskorrespondenten. Eine Gefahr, wie Endler und Kastan mahnen: Wer nur die überregionale Berichterstattung betrachtet, vergisst den größten Teil. Lokale Medien sind in den USA äußerst wichtig. Gerade im so genannten „Heartland“, dem mittleren Westen, bestimmen lokale Radiosender die öffentliche Wahrnehmung.

Das erklärt, warum Außenpolitik kaum eine mediale Rolle spielt. Anders als in Deutschland, wo die Euro-Krise viele Debatten bestimmt, geht es in den USA vor allem um Arbeitslosigkeit. Wird Außenpolitik thematisiert, so Tobias Endler, dann orientiere sich das Interesse Richtung China. „Europa begegnen die amerikanischen Medien eher mit Gleichgültigkeit“, sagt der Forscher.

Starke Personalisierung
Einer der größten Unterschiede liegt in der Personalisierung der Wahlkämpfe. „Amerikaner lieben es, wenn sich Leute öffnen“, sagt Klaus Kastan. „Wenn sie privat sind, emotional, menschlich.“ In Deutschland sind Berichte über das Privat- und Familienleben von Spitzenpolitikern weitaus seltener.

Ein Trend, der allerdings auch in Deutschland zunehme, sei die Bedeutung von Social Media. Kleine Bemerkungen können eine große Wirkung entfalten, wenn sie sich viral über diese Dienste verbreiten. Diese Medien, sagt Kastan, werden dieses Mal sicher auch im deutschen Wahlkampf und der Berichterstattung darüber eine größere Rolle spielen.

Christian Pfaffinger

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