Stolze Gewinnerin und ebenso stolzer Preisgeber: Julia Prosinger und BJV-Schatzmeister Peter Nützel
Foto: Christian Pfaffinger

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Helmut-Stegmann-Preis 2012: „Gerecht zum Teufel“

Julia Prosinger erhält den Helmut-Stegmann-Preis für ihre Reportage über Anwälte, die grausame Diktatoren vor Gericht verteidigen

München, 27.10.2012

„Wenn ich schreibe, nehme ich immer Partei, es geht doch gar nicht anders“, sagt Julia Prosinger. Sie hat geschrieben, über Teufel und ihre Anwälte. Über Gräueltaten und Gerechtigkeit, über Unmenschliches und Menschlichkeit. Sie zeigte Anwälte, deren Mandanten grausame Diktatoren waren, sie verteidigen das Böse – weil rechtsstaatliche Prinzipien es so verlangen. Prosingers Antrieb, den Artikel zu schreiben: „Meistens schreibe ich, weil mich etwas wütend gemacht hat und ich mit den Texten fragen kann, ob es anderen auch so geht.“

Ihre Reportage „Plädoyer für den Teufel“ erschien im Spiegel. Jetzt erhält die 27-Jährige dafür den Helmut-Stegmann-Preis, der herausragende journalistische Texte auszeichnet, die während der Ausbildung an einer Journalistenschule entstanden sind und veröffentlicht wurden. Zum dritten Mal war der BJV Träger des Preises und stiftete das Preisgeld in Höhe von 5000 Euro. BJV-Schatzmeister Peter Nützel überreichte der Preisträgerin einen Scheck; der stellvertretende BJV-Vorsitzende Michael Busch hatte in der Jury mitgearbeitet. Die Verleihung fand am neuen Sitz der Deutschen Journalistenschule statt, im Hochhaus der Süddeutschen Zeitung in München.

Die Gabe, juristische Themen auf den Punkt zu bringen
Als Laudator lobte SZ-Chefredakteur Kurt Kister die Arbeit Julia Prosingers als besondere journalistische Leistung sowohl in Recherche als auch im Stil. Sie schreibe „nüchtern und vor allem unschwurbelig“, sagte Kister und fügte hinzu: „Sie drängt uns zum Beispiel keine psychologisierenden Erklärungen auf und behelligt uns auch nicht mit Grundsätzen ihrer Privatphilosophie.“ Das sei in Texten zu juristischen Themen viel zu oft der Fall.

Die direkte, engagierte und informierte Art, in der Julia Prosinger über Themen wie dieses schreibt, hängt mit ihrer Vergangenheit zusammen. Sie studierte zunächst Internationale Beziehungen in Dresden. Sie merkte „dass Völkerrecht spannend ist“. Nach einem Auslandssemester in Sankt Petersburg wechselte sie zum Masterstudium nach Irland. International Criminal Law, Völkerstrafrecht hieß der Studiengang.

Nach dem Studium arbeitete sie in Berlin bei einer Menschenrechtsorganisation. „Dort habe ich mich aber immer auf der falschen Seite gefühlt: ich wollte das Zeug nicht machen, sondern lieber drüber schreiben.“ Deshalb absolvierte sie ab 2010 die Henri-Nannen-Schule mit Stationen bei der Sächsischen Zeitung, Stern.de und Spiegel Gesellschaft, Ausland. Seit Januar arbeitet Julia Prosinger als freie Journalistin (vor allem bei Der Tagesspiegel) in Berlin.

Der preisgekrönte Text entstand während ihres Praktikums beim Spiegel. „Immer, wenn ich über die Tribunale in Den Haag gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum da keine Anwälte vorkommen“, sagt Julia Prosinger. „Liegt es daran, dass man sie mit ihren Mandanten, den Teufeln, gleichsetzt? Warum können wir im nationalen System akzeptieren, dass einem Angeklagten der beste Verteidiger zusteht, egal, was er verbrochen haben soll, scheinen es aber bei Völkerstraftaten nicht zu akzeptieren? Cordt Schnibben vom Spiegel hat mich hinfahren lassen, so entstand die Geschichte.“

Ein Artikel, den unser Berufsstand braucht
Wie Laudator Kurt Kister betonte, ist der daraus entstandene Artikel nicht nur wichtig für seine Autorin oder den Spiegel. Es sind solche Artikel, die der ganze Berufsstand braucht. „Wenn die jungen Leute, und das können durchaus auch in Ausnahmefällen 61-jährige Reporter sein, nicht von dieser Mischung aus Chuzpe, Lust am Schreiben, Eitelkeit und neugieriger Routine angetrieben würden, dann stünde es wirklich so schlecht um unseren Beruf wie dies Verleger und Geschäftsführer manchmal behaupten.“

Christian Pfaffinger

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