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Jürgen Marks (rechts im Bild) blickt optimistisch in die Zeitungszukunft, Horst Röper (links) ist skeptisch; Michael Anger moderierte
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Klaus F. Linscheid

Aktuell

Hintergrund statt Hundefutter

Im Augsburger Presseclub wird die Zukunft der Zeitung und ihrer Verlage verhandelt

Augsburg, 31.07.2013

Eins scheint klar: Die gedruckte Zeitung wird es auch morgen noch geben. Wie sie allerdings aussieht, darüber gingen im Augsburger Presseclub die Auffassungen von Jürgen Marks aus der Chefredaktion der Augsburger Allgemeinen und dem Zeitungswissenschaftler Horst Röper vom Formatt-Institut in Dortmund erheblich auseinander.

„Die Regionalzeitung wird überleben, weil sie ein Lebensgefühl transportiert“, beteuerte Marks. „Das ist unser Markenkern.“ Allerdings werden die Redakteure in Zukunft plattformunabhängiger und crossmedial arbeiten, verhieß er. Und vielleicht stärker im Stil eines Magazins als einer Nachrichtenagentur.

Röper dagegen prognostizierte eine eintönigere deutsche Zeitungslandschaft mit deutlich weniger Titeln, stark ausgedünnten Redaktionen und keineswegs sei sicher, dass die Zeitung überall noch täglich erscheint.

Befeuert wurde die Augsburger Debatte nach den Worten des Presseclub-Vorsitzenden Dieter Baur von der Nachricht, dass der Springer-Verlag seine erste Zeitung, das Hamburger Abendblatt, an den Funke (ehemals WAZ)-Konzern abgestoßen hat. „Welche neuen Geschäftsmodelle werden die Medienhäuser entwickeln?“, fragte DJV-Vize Michael Anger als Moderator. Rotwein verkaufen wie der Süddeutsche Verlag? Tiernahrung wie Burda? Logistik und Postdienste anbieten und sich an erfolgreichen jungen Online-Portalen beteiligen wie die Mediengruppe Pressedruck (Augsburger Allgemeine)?

Fatale Folgen eines auslaufenden Geschäftsmodells
Auf jeden Fall werde das Geschäftsmodell auslaufen, „dass man den Leute eine Ware andreht, die sie noch gar nicht kennen“, ätzte Röper über die deutsche Abonnement-Zeitung. Seiner Ansicht nach suchen die Verlage den wirtschaftlichen Erfolg in wachsender Monopolisierung des Zeitungsmarktes – in Nordrhein-Westfalen schon viel deutlicher als in Bayern. Mit der Folge, dass Redaktionen zusammengelegt (B.Z. Berlin und Bild in Berlin) oder geschlossen (Westfälische Rundschau) werden. Für Ballungsräume mit über 100.000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen seien mitunter nur noch zwei Redakteure zuständig.

„Wir beobachten die Amputation von Zeitung“, bilanzierte Röper bitter. Gespannt verfolgt der Zeitungswissenschaftler derzeit die Einführung der Pay-Wall bei den Online-Angeboten der Zeitungsverlage. „Wenn Online weiterhin ein Gratismedium bleibt, werden wir ein heftiges Problem bekommen, die Zeitung in Zukunft zu finanzieren.“ Vorbei seien die Zeiten, da auf diesem Markt 20 bis 25 Prozent Rendite zu erzielen waren.

Augsburger Allgemeine steht gut da
Die Augsburger Allgemeine gehört nach den Worten ihres stellvertretenden Chefredakteurs Marks zu den deutschen Zeitungen, die gesund dastehen. Nicht zuletzt aufgrund der erfolgreichen Vermarktung ihres E-Papers (mit demnächst 10.000 Beziehern) halte sie eine hohe Reichweite. Auch online dringe augsburger-allgemeine.de mit 500.000 Besuchern jede Woche weit in den Markt vor. Wer in Chicago im Netz Neues über Bayerns Ministerpräsident Seehofer suche, könne gut und gerne bei einem Artikel der Augsburger Allgemeinen landen.

Personell gut ausgestattete Redaktion
„Natürlich denken wir genauso wie andere über paid content nach, vielleicht gelingt so langsam der Einstieg, für hochwertigen Journalismus zu bezahlen“, meinte Marks. Allerdings werde man es vermeiden, Besucher zu vergraulen. Denn: „Wir verdienen Geld mit online.“ Wenn auch die ergiebige Milchkuh weiterhin die Zeitung sei.

Im Gegensatz zu Röpers düsteren Klagen über abnehmende journalistische Qualität verwies Marks darauf, dass die Augsburger Allgemeine „mit Redakteuren gut ausgestattet“ ist und das Haus nicht gedenke, aus dem Tarif auszusteigen.

Pro Jahr werden zudem zwölf Volontäre aufgenommen. „Redaktionelle Qualität ist uns sehr wichtig“, unterstrich er. Ob das derzeit „gute Budget“ für freie Mitarbeiter in zehn Jahren auch noch zur Verfügung steht, wollte Marks nicht beschwören. Doch eines sei klar: „Die Lokalteile sind unser einzigartiger Content.“ Hier sei die Zeitung bewusst sehr breit aufgestellt.

Alois Knoller*

* Alois Knoller arbeitet als Redakteur bei der Augsburger Allgemeinen.

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