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Konstruktive Debatte: Die Teilnehmer des ersten Würzburger BJV-Forums (v. l. n. r.): Ralf Thees, Martin Schwarzkopf, Daniel Staffen-Quandt, Eberhard Schellenberger, Michael Busch und Michael Reinhard
Foto: 
Michaela Schneider

Bezirksverband Mainfranken

BJV-Forum: „Main-Post“ kündigt Rückkehr in Flächentarif an

Diskussion zum Lokaljournalismus, über Freie, Kooperationen, Tarife und den BFV

Würzburg, 23.04.2015

Wie ist im Lokaljournalismus künftig Qualität noch möglich und wie finanzierbar? Diese Frage stand unter anderem im Mittelpunkt beim ersten BJV-Forum des Bezirksverbandes Mainfranken im Würzburger Rudolf-Alexander-Schröder-Haus. Der BJV-Vorsitzende Michael Busch warnte vor einer Überforderung der Journalisten, die Leistungsfähigkeit sei endlich: „Ich kann nicht sieben Tage die Woche 24 Stunden zur Verfügung stehen“, sagte er anspielend auf die Arbeitsverdichtung durch die sozialen Netzwerke und das Internet. Andernfalls werde Qualität „kaputt“ gemacht.

Eher als „Antrieb für den Lokaljournalismus“ denn als Konkurrenz sieht sich in dieser Gemengelage der Blogger Ralf Thees, der das Wuerzblog betreibt. Vielleicht trägt er ja damit zu mehr Qualität bei den altgedienten Print-Medien bei?

Qualitätsbekenntnisse
Vor den rund 60 Zuhörern aus Presse, Wirtschaft und Politik unterstrichen die beiden Chefredakteure Martin Schwarzkopf (Main-Echo) und Michael Reinhard (Main-Post) wie wichtig Qualität ist. Reinhard räumte aber ein, dass man sich eben keine Parallelstrukturen etwa in Form von Schreiber, Fotograf und Onliner bei einem Termin mehr leisten könne. Hier gelte es, „sozialverträgliche“ Strukturen und Abläufe zu schaffen. Sein Kollege Reinhard vertrat die Ansicht, dass Regionaljournalismus nur dann überlebt, wenn er gut ist: „Qualität ist die entscheidende Zukunftsfrage.“

Medien kooperieren
Dies unterstrich auch Eberhard Schellenberger, Hörfunkleiter des Studios Würzburg des Bayerischen Rundfunks. Wiewohl er die zunehmende Arbeitsbelastung der Kollegen, die Text, Bild, Video und O-Töne von einem Termin liefern sollen, nicht verkennt. „Natürlich ist es eine weitere Zumutung“, räumte er ein. Zusammenarbeit mit den Kollegen der schreibenden Zunft könne es durchaus geben, etwa durch auf deren Internet-Seiten eingebundene Videostreams mit BR-Inhalten. Beispielsweise gab es diese zum 70. Jahrestag der Zerstörung Würzburg am 16. März. „Solche Angebote werden wir verstärkt machen“, kündigte er an. Michael Reinhard informierte, dass zudem Gespräche über gemeinsame Rechercheteams mit BR und Main-Post liefen.

Er verteidigte ausdrücklich die Kooperationen im Mantelbereich mit der Mediengruppe Oberfranken. Die Vielfalt sei alleine dadurch gegeben, dass Blätter wie Die Kitzinger oder Saale-Zeitung noch am Markt seien. „Wir haben keine Zombiezeitung“, sagte er. Hingegen kritisierte Michael Busch, dass durch die Kooperation journalistische Vielfalt „kaputt gemacht“ worden sei.

Das Ende der Gratiskultur im Netz
An derartigen Modellen hat sich das Main-Echo bisher nicht beteiligt, Schwarzkopf zeigte sich aber durchaus offen. Allerdings werde es sicher auch in 20 Jahren in seinem Haus noch eigene lokale Inhalte geben. „Wir sind selbst in der Lage, die Herausforderungen der modernen Medienwelt zu meistern“, unterstrich er. Schon seit Jahren hat seine Zeitung eine „strenge Paywall“ im Internet. Es komme nicht auf allgemeine Reichweite an, sondern bezahlte.

Hier hätten die Verlage in den letzten 20 Jahren vieles falsch gemacht. „Und jetzt versuchen sie verzweifelt, es nachzuholen“, sagte er im Blick auf das zunehmende Ende der Gratiskultur auf den Nachrichtenseiten im Internet. Reinhard verteidigte die Paywall ebenfalls: „Das Wichtigste, was wir als Medienhaus haben, sind Inhalte. Und wir haben nichts zu verschenken.“

Chefredakteur kennt prekäre Situation der Freien
Sehr offen räumte der Main-Echo-Chefredakteur ein, dass die aktuelle Situation freier Journalisten kritisch und oftmals prekär ist. So sei sein noch dem Flächentarif folgendes Unternehmen auch nicht in der Lage, die mit den Journalistenverbänden ausgehandelten Mindesthonorare für hauptberuflich Freie zu bezahlen: „Das ist ein ganz schwieriges System, das zumindest in unserem Haus noch keine richtig gute Lösung gefunden hat.“ Gleichzeitig warnte er aber vor Dumpinghonoraren. Wer für ein Bild neun Euro bezahle, brauche sich nicht zu wundern, wenn er ein Bild aus dem Smartphone „gezimmert“ bekomme.

Protest gegen den BFV
Bei allen Meinungsverschiedenheiten rief Busch die Zeitungen auf, in der Auseinandersetzung um Videorechte mit dem Bayerischen Fußball-Verband (BFV) mit dem BJV an einem Strang zu ziehen. „Da hilft nur die Beharrlichkeit der Häuser und Berufsverbände.“ (siehe Link am Seitenende)

Fatalismus wäre, sich das gefallen zu lassen, warnte er. Während der BJV-Vorsitzende einen allgemeinen Boykott der Spiele des BFV durchaus befürwortete, sprach sich Schwarzkopf dagegen aus. Damit bestrafe man zu Unrecht die Sportler, Leser und auch ehrenamtlichen Helfer. Er warf jedoch dem BFV-Vorsitzenden Rainer Koch vor, sich „maßlos“ zu überschätzen. „Die Ideen die dahinter stecken, sind absurd“, kommentierte er.

Durchaus Konkretes brachte der vom Bezirksvorsitzenden Daniel Staffen-Quandt moderierte Abend für die Redakteure der Main-Post, die bis 2017 noch nach einem mit dem BJV abgeschlossenen Haustarifvertrag bezahlt werden. Reinhard kündigte an, dass sein Haus dann wieder in den Flächentarifvertrag zurückkehren will.

Ralph Bauer

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