BJV im Gespräch mit der EVP (von links): Wolfgang Grebenhof, Angelika Niebler, Manfred Weber, Daniela Albrecht und Michael Busch
Foto: Maria Goblirsch

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Niebler: „Freiberufler haben es schwer in Europa“

BJV-Vertreter diskutieren mit Abgeordneten des EU-Parlaments in Straßburg

Straßburg, München, 11.04.2017

„Die Medienlandschaft ist in den europäischen Ländern höchst unterschiedlich. Aber bei uns in der EVP-Fraktion steht eine große Mehrheit dafür, sicherzustellen, dass im digitalen Zeitalter nicht jeder alles umsonst nutzt“, betonte Angelika Niebler, Mitglied des Europäischen Parlaments und Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion im Gespräch mit BJV-Vertretern.

Kreative Inhalte seien das, was Europa ausmache. Sie dürften nicht auf dem großen Markt verscherbelt werden. Vielmehr sei das bei der Reform favorisierte Europäische Leistungsschutzrecht so auszugestalten, dass die Einnahmen daraus nicht nur bei den Verlegern, sondern auch bei den Urhebern ankämen. „Auch die Kreativen müssen einen gerechten Anteil für ihre Leistung erhalten“, sagte sie.

Angelika Niebler hob in dem Austausch die Verantwortung der Politik für freie Journalisten hervor. „Freiberufler haben es heute schwer in Europa. Nach Einschätzung der EU-Kommission sind Dienstleistungen wie eine Ware zu behandeln.

Doch nicht jede freiberufliche Tätigkeit lässt sich in Schubladen stecken“. Was zähle, sei die individuelle Leistung. „Freiberufler sind Teil unserer Gesellschaft und wir tragen für sie auch eine gesellschaftliche Verantwortung“, stellte die EU-Parlamentariern klar. 

Schubladendenken bei der EU-Kommission
Eine BJV-Delegation nutzte die Sitzungswoche des Europaparlaments in Straßburg vom 4. bis zum 7. April dazu, mit sechs deutschen Abgeordneten verschiedener Parteien Gespräche zu führen. Die BJV-Delegation wurde von Tobias Winkler, Leiter des EP-Informationsbüros München, betreut.

Dabei ging es neben aktuellen Entwicklungen in Europa wie dem Brexit vor allem um Reformvorhaben der Europäischen Union, die für den Journalismus aktuell von Bedeutung sind. Dazu zählt die digitale Agenda ebenso wie der aktuelle Vorschlag der Kommission für eine soziale Säule in Europa (European Pillar of Social Rights).

Die Europa-Politiker zeigten sich aufgeschlossen für die Anliegen des BJV und waren teils erstaunt darüber, unter welch schwierigen Rahmenbedingungen Journalisten heute zu arbeiten haben.

Auch der innen- und justizpolitische Sprecher der Grünen Europafraktion, Jan Philipp Albrecht, unterstützt die Forderung, dass die Position der Urheber über den Weg der Urheberrechts-Reform gestärkt werden müsse. Mit ihm diskutierten die BJV-Vertreter ausführlich darüber, wie weit Datenschutz heute zu reichen habe.

„Programmierer dürfen nicht entscheiden, was gelöscht wird“
Die EU-Datenschutz-Verordnung sei „gar nicht so schlecht“, sagte der Politiker. Zu Fake News und Hate Speech in den sozialen Netzwerken warnte er, man dürfe die Entscheidung, was im Netz stehen bleibe und was gelöscht werde, nicht Programmierern überlassen.

In einem vertraulichen Hintergrundgespräch mit dem EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber ging es um den Brexit und die weitere Entwicklung der EU, um die Arbeitsbedingungen für Journalisten sowie die Bedrohung der Pressefreiheit. Weber erklärte, er wisse um die Probleme, und er unterstrich die Bedeutung einer freien Presse für die Demokratie in Europa.

Die soziale Situation der Journalisten in Europa war ein weiterer Schwerpunkt des Gedankenaustausches. Im Raum stand die Frage, ob der Wille der Kommission zu einem sozialen Europa überhaupt Aussicht auf Erfolg hat. Denn mehrere Mitgliedsländer haben bereits erkennen lassen, dass aktuell sie mehr Befugnisse für europäische Institutionen nicht unterstützen würden.

Gabriele Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion im Europäischen Parlament, erklärte gegenüber dem BJV, Unternehmen und auch der Verband der Bayerischen Wirtschaft verwahrten sich dagegen, dass Brüssel in die Arbeitsbedingungen hineinregiere. Sie hoffe, dass sich EU-Präsident Jean-Claude Juncker und die Kommission davon nicht abschrecken ließen und die Ziele der sozialen Säule für Europa weiterverfolgten.

„Wenn sich Le Pen am Aufzug anstellt, drehe ich ab!“  
Über das Verhältnis zu Parlamentsmitgliedern aus dem Lager der Europagegner berichtete die Abgeordnete Kerstin Westphal (Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament). Sie fand klare Worte zu Parteien aus dem äußersten rechten Spektrum: „Wenn sich Madame Le Pen am Aufzug anstellt, drehe ich ab, mit Nationalisten rede ich gar nicht.“

Sie betonte, die demokratischen Parteien bräuchten die extremen Rechten nicht, um Mehrheiten zu bekommen und es tue weh, ihnen zuhören zu müssen.

Satirische Einblicke in die EU-Parlamentsarbeit gab Martin Sonneborn („Die Partei“) den BJV-Gästen. Er zähle zum „Abschaum des Europäischen Parlaments“, seine Aufgabe sei „die Berichterstattung über die unseriösen Vorgänge“. Er stimme abwechseln für Ja und Nein, denn sein Wahlslogan sei „Ja zu Europa, Nein zu Europa“ gewesen. Kommen Lobbyisten auf ihn zu? Nein, versicherte er. „Es wird jeder eingeladen, außer mir“.

Maria Goblirsch

Schlagworte:

Medienpolitik | Europa

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