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Foto: 
Thomas Witzgall

BJV-Landesvorstand

Offener Brief an Münchner Polizeipräsidenten

Polizei muss freie Berichterstattung über Pegida-Demonstrationen gewährleisten

München, 15.10.2015

Angriffe auf Journalisten – wo bleibt die Pressefreiheit und die freie Berichterstattung? Der BJV-Vorsitzende Michael Busch wendet sich in einem offenen Brief an den Münchener Polizeipräsidenten Hubertus Andrä.

Sehr geehrter Herr Polizeipräsident Hubertus Andrä,

ich wende mich heute mit diesem offenen Brief an Sie, weil uns das Verhalten einiger Polizeibeamter im Rahmen von Pegida-Demonstrationen in München sehr befremdlich erscheint.

Kolleginnen und Kollegen schildern uns immer wieder, dass Beamte ihrem Auftrag, die Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland zu schützen und zu verteidigen, nicht nachkommen.

Im Artikel 5 (1) des Grundgesetzes heißt es:
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Zusätzlich haben die Beamten den Diensteid geleistet, der in seiner Formulierung folgendes aussagt: „Ich schwöre, das Grundgesetz und alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“

Konkret klagen diese Kolleginnen und Kollegen immer wieder, dass vor allem die Gewährleistung der Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film nicht immer gegeben ist. Wir haben dokumentierte Fälle, bei denen Journalisten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit von Pegida-Demonstranten angegangen werden. Mit Fahnen werden im „harmlosesten“ Fall die Objektive verdeckt, aber auch gezielte Stöße und Schläge auf die Fotoausrüstungen sind keine Einzelfälle. Das besonders Erschreckende daran ist, dass uns die Dokumentationen zeigen, dass Beamte diese Tätlichkeiten beobachten und nicht eingreifen.

Es kommt leider zu anderen Aktivitäten, die nur schwer nachvollziehbar sind. Statt den grundgesetzlichen Auftrag der Presse zu gewährleisten und die Kolleginnen und Kollegen zu schützen, werden diese von dem unmittelbaren Umfeld der Demonstration entfernt. Eine Berichterstattung ist in Folge nicht mehr möglich.

Weiterhin empfinden Kolleginnen und Kollegen es als unangemessen, dass in lang andauernden Prozessen die Personalien der Journalisten aufgenommen werden. Es genügt offensichtlich nicht der Blick auf den Presseausweis, eine Überprüfung findet in der Regel so statt, dass diese Kolleginnen und Kollegen oftmals der nebenan stattfindenden Demonstration nicht mehr folgen können.

In diesem Zusammenhang empfinde ich es als völlig absurd, dass bei der Aufnahme der Personalien von Kolleginnen und Kollegen Pegida-Teilnehmer in unmittelbarer Nähe geduldet werden und diese zum Teil die persönlichen Daten inklusive der Adressen der Journalisten  mitbekommen. Wenig hilfreich ist es auch, wenn beispielsweise durch Ihren stellvertretenden Pressesprecher einzelne Journalisten als Aktivisten aus dem linken Lager klassifiziert werden.

Gar nicht mehr „harmlos“ sind die Fälle, wenn gezielte Übergriffe auf die Pressevertreter stattfinden. Das sind nicht nur die körperlichen Attacken, das sind auch die Rufe, die die Kolleginnen und Kollegen einschüchtern sollen, damit diese ihre Arbeit abbrechen.

Als Vorsitzender der Bayerischen Journalisten-Verbandes fordere ich Sie, sehr geehrter Herr Andrä, auf, dafür zu sorgen, dass diese Szenen sich nicht wiederholen. Die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit sind zwei der höchsten Güter, die in einer Demokratie existieren. Die Exekutive ist dafür verantwortlich, dass diese Güter ihren Stellenwert beibehalten. Wenn Sie dulden, dass Polizeibeamte die Loyalität gegenüber dem Grundgesetz in Frage stellen, stellen Sie auch die beiden genannten Begriffe in Frage. Das kann weder in Ihrem Sinne noch eines demokratischen Deutschlands sein.

Gerne stehe ich für persönliche Gespräche bereit, bei denen ich Ihnen auch die Dokumentationen gerne zur Verfügung stelle.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Busch
Vorsitzender Bayerischer Journalisten-Verband

Stets aktualisierte Links zum Thema Journalismus und Rechtsextremismus finden Sie auf der BJV-Homepage unter bjvlink.de/rechts.

 

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