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Abstimmung bei der außerordentliche Mitgliederversammlung der VG Wort in München
Man bleibt sich uneins: Abstimmung bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung
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Hans-Werner Rodrian

BJV-Landesvorstand

Die VG Wort kann sich (noch) nicht einigen

Keiner der drei Verteilungsvorschläge findet die nötige Mehrheit auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung

München, 11.09.2016

Es ist ein Jammer: Rund 180.000 Autoren dürften sich eigentlich auf einen zusätzlichen Geldsegen durch die VG Wort freuen. Doch der Verwertungsgesellschaft gelingt es einfach nicht, sich auf einen Ablauf zu einigen. Konsequenz: Die Autoren müssen auf das Geld wohl noch länger warten.

Es geht um 100 Millionen für die Autoren
Erstritten hat die zusätzlichen Ausschüttungen der Autor und Jurist Martin Vogel. Er hat im April den Bundesgerichtshof überzeugt, dass die in den vergangenen 58 Jahren stets sowohl an Verlage als auch an Autoren ausgeschütteten Kopiervergütungen allein der Autorenseite zustehen. Die Verleger müssen nach Beschluss des Gerichts nun die erhaltenen Tantiemen aus den Jahren 2012 bis 2014 zurückzahlen. (Für 2015 haben sie bereits nichts mehr erhalten). Dabei geht es nicht um Kleingeld: Im Gespräch sind rund 100 Millionen Euro – rechnerisch also 550 Euro pro Autor.

Drei Vorschläge zur Entscheidung
Wie die Ausschüttungen rückabgewickelt und an die eigentlich Berechtigten ausgezahlt werden, entscheiden allerdings nicht die 180.000 wahrnehmungsberechtigten Autoren, sondern nur die etwa 600 Vereinsmitglieder. Die waren am Samstag zur ersten von zwei Mitgliederversammlungen nach München einberufen worden.

Rund 200 Mitglieder kamen – deutlich mehr als sonst bei VG Wort-Versammlungen. Sie hatten im Wesentlichen über drei Vorschläge zu entscheiden: einen vom Prozessgewinner Martin Vogel, einen vom VG Wort-Vorstand und einen dritten von der Journalistenverband Freischreiber.

Zu kurzfristiger Verteilungsvorschlag der VG Wort?
Wirkliche Unterschiede – das räumt auch Freischreiber-Vorsitzender Benno Stieber auf Nachfrage ein – waren am Ende kaum mehr erkennbar. Schließlich waren VG Wort-Vorstand und -Verwaltungsrat den anderen Antragstellern durch einige erst am Vorabend beschlossene Änderungen weit entgegen gekommen. So soll die vom BGH geforderte Möglichkeit für Autoren (etwa von kleinen Buchverlagen), auf die Rückzahlung freiwillig zu verzichten, nun nur noch der VG Wort gegenüber erklärt werden, um „Nichtverzichter“ nicht gegenüber dem Verlag bloßzustellen.

Am Ende verweigerten die die Mitglieder der Freischreiber diesem geänderten Vorstandsentwurf trotzdem die Zustimmung. Dies begründete Stieber mit der späten Vorlage. Die habe seiner Organisation keine Zeit gelassen, die Änderungen juristisch zu prüfen.

Gestörtes Vertrauensverhältnis
Dass er solche juristischen Prüfungen für notwendig hält, offenbart das eigentliche Dilemma der altehrwürdigen Verwertungsgesellschaft: Das gegenseitige Vertrauen ist dahin. Der Riss trennt längst nicht nur Verleger und Autoren, sondern auch die einzelnen Autorengruppen.

Altgediente Mitglieder suchen den Konsens, während neue Mitglieder Spezlwirtschaft wittern und entsprechend massiv auftreten. Mitglieder wie Vogel sprechen letztlich den Verlegern die Daseinsberechtigung in der VG Wort ab. Dagegen sehen viele literarische Buchautoren ihre Verlage in Zeiten von Amazon und Google als existenziell wichtige Partner. Die Vertreter des DJV und BJV wollen zumindest die gemeinsame Gesprächsplattform nicht abreißen lassen.

Und die Verlage? Die haben offenbar die geringsten Probleme mit der Rückzahlung. Wegen des anhängigen Rechtsstreits hatten sie die nun zurück zu erstattenden Auszahlungen ohnehin nur „unter Vorbehalt“ bekommen. Alle Verlagsvertreter, die im Verwaltungsrat oder der Mitgliederversammlung das Wort ergriffen, erklärten jedenfalls, dass sie auf Anforderung umstandslos zahlen würden.

Wie geht es weiter? Zunächst mal wird der VG Wort-Vorstand intern beraten, kündigte Geschäftsführer Robert Staats an. Am 26. November ist dann die nächste außerordentliche Mitgliederversammlung angesagt.

Hans-Werner Rodrian

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