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Martina Fehlner, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Medienpolitik der Bayern-SPD, mit Horst Röper, Geschäftsführer des Formatt-Instituts Dortmund
Foto: 
BayernSPD Landtagsfraktion, Carolin Arns

BJV-Landesvorstand

Zombie-Zeitungen bald auch in Bayern?

Fachgespräch zur Zukunft der lokalen Berichterstattung im Landtag

München, 08.07.2014

Blätter, die ohne eigene Redaktion und ohne selbst produzierten Mantel oder Lokalteil erscheinen, haben sich in Nordrhein-Westfalen den Namen „Zombie-Zeitung“ erworben. Was dort bisher als Produkt der Funke-Mediengruppe und der WAZ existiert, könnte schon bald auch in Bayern Nachahmer finden, glaubt der Dortmunder Medienforscher Horst Röper.

„Ich fürchte, wir werden dieses aus Sicht der Verleger hoch lukrative Modell bald auch in anderen Bundesländern erleben“, sagte der Geschäftsführer des Formatt-Instituts bei einem Fachgespräch am 3. Juli 2014 im Bayerischen Landtag. Aus Sicht der Medienwissenschaft seien solche Modelle „eine einzige Katastrophe“, da damit die Monopolisierung auf dem Zeitungsmarkt extrem ansteige.

Unter dem Titel „Was ist uns unabhängiger Lokaljournalismus wert?“ hatte die Arbeitsgruppe Medienpolitik der SPD-Landtagsfraktion Journalisten, Verleger und andere Akteure der Medienszene zu einem offenen Dialog eingeladen.

Lokale Berichterstattung als Sorgenkind
In seinem Einführungsvortrag stellte Röper fest, die Konzentrationswelle bei den regionalen Medien habe auch in Bayern neue Höchstwerte erreicht. Während die überregionale Berichterstattung auch im internationalen Vergleich gut dastehe, habe sich die lokale Berichterstattung bundesweit zum Sorgenkind entwickelt.

„In den letzten Tagen wurde beinahe im Zwei-Tages-Rhythmus über die Einstellung von Lokalredaktionen oder neue Kooperationen berichtet. Knapp die Hälfte der Zeitungsleser haben heute bereits keine Wahl mehr bei der lokalen Berichterstattung“, erklärte der Medienwissenschaftler. Wenn eine Tageszeitung sich vom Markt verabschiede, gehe journalistische Leistung in Print und Internet gleichermaßen verloren. Denn die Online-Angebote seien ohne Zeitungen wirtschaftlich nicht darstellbar.

Röper kritisierte, dass es seit der Abschaffung der 1979 eingeführten Pressestatistik durch die Regierung unter Helmut Kohl (Mitte der 1990er-Jahre, die Red.) keine verlässlichen Daten mehr zur Anzahl der Tageszeitungen im Bundesgebiet gebe. Man gehe heute von rund 300 im Bundesgebiet erscheinenden Tageszeitungen aus.

Neben der fortschreitenden Monopolisierung sei eine Tendenz zur „crossmedialen Tätigkeit der Verleger zu beobachten. Wie Röpers jüngste Untersuchung zeigt, besitzen die großen Verlage heute auch die Anzeigenblätter im Verbreitungsgebiet ihrer Tageszeitungen und beteiligen sich außerdem an lokalen Rundfunk- und Fernsehanstalten.

„Das lokale Feld wird durch ausgeprägte crossmediale Strukturen beherrscht, was sich etwa in Schwaben am Beispiel der Augsburger Allgemeine zeigt“, berichtete Röper. Der Verzicht auf Vielfalt in der lokalen Berichterstattung sei eine „äußerst negative Entwicklung im Journalismus“. Immer mehr Stellen in den Redaktionen würden abgebaut, die Budgettöpfe für freie Mitarbeiter schrumpften.

BJV-Vorsitzender Busch stellt Tendenzschutz in Frage
Breiten Raum in der Anhörung nahm die Frage ein, ob den unter Anzeigenschwund und sinkenden Abonnentenzahlen leidenden Tageszeitungen durch staatliche Subventionen zu helfen wäre. Der BJV-Vorsitzende Michael stellte dabei den Tendenzschutz in Frage, der Einblicke in Bilanzen oder Investitionspläne der Medienunternehmen verwehre. „Wie können staatliche Gelder in die Zeitungshäuser fließen, ohne dass wir wissen, was dort an Gewinnen generiert wird und an Geldern vorhanden ist“, fragte er.

Busch forderte baldmöglichst einen Medienbericht für Bayern, der diesen Namen auch verdiene. „Wenn wir über die Zukunft der Medien im Freistaat sprechen wollen, benötigen wir auch aktuelle und belastbare Daten aktueller Situation der Medien und ihrer Mitarbeiter“, forderte Busch. Die SPD-Landtagsfraktion verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngst gestellt Interpellation zur Zeitungslandschaft in Bayern und auf einen parlamentarischen Antrag, der schon bald eingebracht werden soll.

Neben dem Vorsitzenden Michael Busch nahmen aus dem BJV-Vorstand Ralph Bauer (Würzburg) und Daniela Albrecht (Viechtach) an dem Fachgespräch teil, den DJV vertraten Michael Anger als stellvertretender Bundesvorsitzender und Wolfgang Grebenhof, Beisitzer im DJV-Bundesvorstand. Anger stellte die Eckpunkte des DJV-Papiers „Finanzierung des Journalismus“ sowie die Ergebnisse der Arbeit in der gleichnamigen DJV-Projektgruppe dar.

Ziel einer möglichen Subventionierung müsse es sein, die Qualität des Journalismus zu sichern, betonte Anger. Der DJV sehe das Modell einer Stiftung zur Finanzierung des Journalismus grundsätzlich positiv, solange die Staatsferne garantiert sei. Damit könnten unter anderen freie Journalisten unterstützt werden, die sich zu Redaktionsbüros zusammenschließen oder neue Internetportale gefördert werden.

Maria Goblirsch

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