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Im März 2012 musste Stefan Loipfinger sein Portal einstellen, das Bayerische Fernsehen berichtete darüber
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Screenshot, Bayerisches Fernsehen/kontrovers

Informationsfreiheitsgesetz

Bundesrechnungshof muss Journalisten Auskunft geben

BJV-Mitglied Stefan Loipfinger gewinnt richtungsweisenden Prozess

Leipzig, München, 16.11.2012

Seit 2008 kämpft der Fachjournalist Stefan Loipfinger dafür, die Arbeit von Spendensammlern transparenter zu machen. Er gründete CharityWatch und überprüfte seither mehr als 250 Hilfsorganisationen auf ihre Seriosität hin. Weil sie ihn mit Prozessen überzogen und er wiederholt Drohungen und Verleumdungen ausgesetzt war, stellte er im März 2012 die Arbeit von CharityWatch ein. Nun hat der Rosenheimer Journalist vor dem Bundesverwaltungsgericht einen richtungsweisenden Sieg errungen.

Die Richter entschieden, dass der Bundesrechnungshof Journalisten Auskunft über seine Prüfungsergebnisse geben muss. Loipfinger hatte Einsicht in die Prüfunterlagen über Zuwendungen verlangt, die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verschiedenen Stiftungen poltischer Parteien und kirchlicher Organisationen gewährt hatte. Dabei ging es um die die Förderung verschiedener Entwicklungsprojekte.

Bis zur letzten Instanz
Der Journalist, der sich mit der Analyse geschlossener Beteiligungsmodelle und Immobilienfonds jahrelang einen Namen gemacht hatte, berief sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Er argumentierte, der Bundesrechnungshof zähle zu den Bundesbehörden, die zur Auskunft verpflichtet seien. Dagegen hatte sich der Bundesrechnungshof bis in die letzte Instanz gewehrt.

Bereits das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Jahr 2011 den Rechnungshof verpflichtet, Stefan Loipfinger Kopien der jeweiligen Niederschriften der Prüfberichte zu übersenden. Eine Ausnahme gelte nur, wenn im Einzelfall der Schutz personenbezogener Daten oder von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen entgegenstünde. Diese Entscheidung hat nun das Bundesverwaltungsgericht als letzte Instanz bestätigt.

Bei seiner Arbeit nehme der Bundesrechnungshof Verwaltungsaufgaben wahr, argumentierten die Leipziger Richter. Er könne sich nicht darauf berufen, dass eine effektive Prüfung nur dann möglich sei, wenn den überprüften Organisationen der vertrauliche Umgang mit den gewonnenen Erkenntnissen zugesichert werde.

Transparenz hilft auch dem Bundesrechnungshof
In einem weiteren Prozess vor dem Verwaltungsgericht Köln hatte Stefan Loipfinger zuvor das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) auf Auskunft verklagt und ebenfalls Recht bekommen. „Es kann doch nicht sein, dass der Bundesrechnungshof, der die Interessen der Steuerzahler vertritt, sich selbst jeder Kontrolle entzieht und seine Prüfungsergebnisse nicht öffentlich zugänglich machen muss“, betont der Rosenheimer Journalist, der „mit Herzblut“ über vier Jahre mit Unterstützung der BJV-Anwälte um die Offenlegung der Berichte gekämpft hatte. Loipfinger ist überzeugt davon, dass die erstrittene Transparenz letztlich auch dem Bundesrechnungshof selbst die Arbeit erleichtern werde.

Unterstützung durch den BJV
„Ohne den BJV hätte ich den langen Weg durch die Instanzen nicht durchgestanden“, sagt Stefan Loipfinger. Das gelte zum einen für das hohe Kostenrisiko, aber vor allem auch für die moralische Unterstützung durch die Justiziare, die ihn immer wieder darin bestätigt hätten, dass es sich lohne, durchzuhalten. Sein Beispiel zeige, wie wichtig die Mitgliedschaft im BJV sei, „da man als Einzelkämpfer keine Chance hat, solche Musterprozesse bis zur letzten Instanz durchzukämpfen“.

Das Leipziger Urteil wirkt weit über den Fall von Stefan Loipfinger hinaus. Künftig können auch andere Journalisten Auskünfte und Einsicht vom Bundesrechnungshof verlangen und sich auf ihre Rechte aus dem Informationsfreiheitsgesetz berufen. Und das betrifft viele Fälle weit über den Spendenbereich hinaus.

DJV startet Umfrage zum Informationsfreiheitsgesetz (IFG)
Welche Erfahrungen haben Journalisten mit dem IFG gemacht? Sind sie zufrieden oder haben Behörden oder andere öffentliche Institutionen trotz IFG versucht, Auskünfte zu verhindern oder zu erschweren? Die Erfahrungen der Journalisten mit dem IFG stehen jetzt im Mittelpunkt einer Online-Umfrage des DJV. Hintergrund sind Vorschläge zur Novellierung des Informationsfreiheitsgesetzes, die dem Bundestag vorliegen. Der DJV will bei einer Novellierung auch eigene Vorschläge machen, die Journalisten bei ihrer Arbeit mit dem IFG weiter helfen können. Die Teilnahme an der Umfrage ist selbstverständlich anonym.

Maria Goblirsch

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