Rundfunk
„Alleskönner“ statt Redakteure
Im Funkhaus Nürnberg droht Redakteuren die Kündigung
Lange Zeit war das Funkhaus Nürnberg das einzige noch tarifgebundene private Rundfunkunternehmen in Bayern und mit fünf Sendern unter einem Dach so etwas wie ein Vorzeigeobjekt. Jetzt macht das Unternehmen eher mit schlechten Nachrichten von sich reden: Wegen finanzieller Schräglage sollen insgesamt acht Stellen ersatzlos gestrichen werden, dabei sind vor allem die Redaktionen der Sender betroffen.
Das wurde jetzt auf einer Betriebsversammlung des Unternehmens mitgeteilt. Die Kündigungen liegen dem Betriebsrat bereits zur Stellungnahme vor. Gründliche Recherche und fachlich korrektes Arbeiten – Eigenschaften, die Qualitäts-Journalismus ausmachen – geraten den Nürnberger Redakteuren nun zum Nachteil. Denn das Management des Funkhauses setzt den Sparstift an: Es will den von der eigenen Redaktion recherchierten Wortanteil deutlich zurückfahren und setzt darauf, dass Moderatoren zusätzlich redaktionelle Inhalte mit lokalem Bezug liefern.
„Der Wegfall von acht Stellen geht an die Substanz. Dies ist ein weiterer Beweis für den kritischen Zustand der Nürnberger Medienlandschaft“, erklärt BJV-Vorsitzender Dr. Wolfgang Stöckel. Wenn künftig auf eigene redaktionelle Wortbeiträge verzichtet werde,gehe dies zulasten der journalistischen Qualität und führe zu einer journalistischen Verarmung im Sendegebiet.
Rotstift-Verleger
Hinter dem Funkhaus Nürnberg stehen Medienunternehmer, die in den letzten Monaten durch massive Sparaktionen auffielen: So hält der Nürnberger Verleger Gunther Oschmann, der erst jüngst die Abendzeitung Nürnberg einstellte (wir berichteten), 30 Prozent der Anteile am Nürnberger Funkhaus. Mit weiteren 30 Prozent ist der Verlag Nürnberger Presse beteiligt, der bei der Nürnberger Zeitung Stellen abbaute (wir berichteten). Der dritte im Bunde der Anleger ist der Münchner Burda Verlag.
Gute Quoten, rote Zahlen
Dabei bescheinigt die Funkanalyse Bayern 2012 den fünf privaten Sendern gute Einschaltquoten: Gut 500.000 Hörer erreichen Radio F, Charivari 98,6, Gong 97,1, Hit Radio N 1 und das digitale Pirate Gong. Erst im September 2012 war das rund 100-köpfige Team aus Redakteuren, Moderatoren, Technikern und weiteren Mitarbeitern von der Nürnberger Innenstadt in die Südstadt und dort in die Ulmenstraße umgezogen. Doch die Einsparungen, die man sich davon versprach, reichen offenbar nicht aus, um aus den roten Zahlen zu kommen.
Der BJV-Vorsitzende fordert die Führung des Funkhauses Nürnberg auf, die journalistische Qualität nicht durch Personalabbau zu gefährden. In jedem Fall müssten aber sozialverträgliche und journalistische befriedigende Lösungen gefunden werden.
Betroffene Kolleginnen und Kollegen können sich in der BJV-Geschäftsstelle melden und erhalten auf Wunsch sofortige Hilfe. Sie werden rechtlich beraten und im Kampf um eine faire und sozialverträgliche Lösung nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes unterstützt.
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Externe Links:
Funkhaus Nürnberg
Kress, 31.01.2013: "Stellenabbau geht an die Substanz": Kündigungen im Funkhaus Nürnberg
Nürnberger Zeitung, Nordbayern.de: 30./31.01.2013: BJV kritisiert Stellenabbau beim Funkhaus
Turi2, 31.01.2013: Nürnberger Verleger streichen auch beim Radio
Nürnberger Nachrichten/Nordbayern.de, 31.01.2013: Funkhaus Nürnberg streicht Stellen
Bayerischer Rundfunk, 04.02.2013: Medienkrise in Nürnberg: Entlassungen im Funkhaus