Beim Aktionstag „Media Women Connect“ auch heuer wieder dabei: die Fachgruppe Chancengleichheit des BJV (von links): Sabine Neumann, Christiane Krinner und Hilde Stadler
Foto: Michaela Schneider

BJV-Landesvorstand

„Bester Journalismus wertlos, wenn er Publikum nicht erreicht“

Algorithmen zentrales Schlagwort bei 30. Medientagen

München, 28.10.2016

Algorithmen: So lautete das Schlagwort, dem die Besucher der 30. Münchner Medientage auf Schritt und Tritt begegneten. Früher habe man sich damit in Physik und Mathematik herumgeschlagen, heute gewönnen sie an gesellschaftlicher Bedeutung, bildeten die Grundlage für künstliche Intelligenz, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Eröffnungsrede des Medientage-Gipfels.

Andererseits könnten die „Mechanismen zu einer Verzerrung der Wahrnehmung“ und einer „Verengung des Blickwinkels“ führen. Dass dies vor allem auf den großen Social-Media-Plattformen wie Facebook geschieht, indem scheinbar passgenau Inhalte angeboten werden und andere Themen völlig unter den Tisch fallen, brauchte sie unter Medienleuten nicht weiter auszuführen.

Am BJV-Stand waren es indes eher die praktischen Berufsalltags-Fragen, die die Besucher umtrieben: Ob man etwa auch schon während des Studiums Mitglied werden könne (ja, sogar zum stark ermäßigten Preis), welche Leistungen der Rechtsschutz des BJV umfasse und ob auch Blogger aufgenommen würden (ja, so sie bestimmte Kriterien wie ein monatliches Mindesteinkommen erfüllen).

„Sehr männlich geprägte Berufswelt“
Präsent war der BJV bei den Medientagen auch wieder bei „Media Women Connect“. Bei dem Aktionstag verschiedener Frauennetzwerke stellte sich die Fachgruppe Chancengleichheit, unterstützt von der stellvertretenden Landesvorstandsvorsitzenden Hilde Stadler, Fragen des Publikums. Losgelöst vom prozentuellen Anteil bewegten sich Journalistinnen immer noch „in einer sehr männlich geprägten Berufswelt“, begründete Stadler, warum es Frauennetze brauche.

Individualisierung und Bandbreite
Zurück zu den Algorithmen: Datenjournalist Marco Maas sprach bei der Podiumsdiskussion „Mobile & Me. Wie das Ich die Medien steuert“ von einer Filterblase in den sozialen Netzwerken. Dadurch bekämen die Leute nicht mit, was auf anderen Ebenen passiere.

Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks, bezeichnete beim Talk „Medien im Sog der Netzwerke und Maschinen“ den Erhalt der Medienvielfalt als „noch ungelöste Problematik“. Medienkonsumenten wollten Angebote heute „passgenau nutzen“, eine Individualisierung sei entsprechend wichtig. Bandbreite anzubieten sei dennoch gerade Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen. „Demokratie lebt davon, dass sich ein breites Publikum und zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem Thema befasst“, sagte Wilhelm.

„Algorithmengesteuerten Filterblasen aufstechen“
Was aber heißt das für den Journalismus? Armin Wolf, stellvertretender Chefredakteur der TV-Information beim Österreichischen Rundfunk (ORF) leitete ab: In Zeiten, in denen es vor allem darum zu gehen scheine, schriller, schräger und lauter zu sein, um gehört zu werden, würden alte journalistische Tugenden nicht weniger wichtig – sondern vielmehr wichtiger. Job von Journalisten sei es nicht, Protokolle zu stenografieren, sondern Themen zu hinterfragen, Informationen zu verifizieren, Gerüchte und Lügen zu falsifizieren.

Gleichzeitig müsse es gelingen, die algorithmengesteuerten Filterblasen aufzustechen, denn: „Bester Journalismus ist wertlos, wenn er das Publikum nicht erreicht“, erklärte Wolf.

Mehr zu den 30. Medientagen München, unter anderem zur Startup-Szene, im BJVreport 06/2016.

Michaela Schneider

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