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Deutscher Presserat zieht Bilanz: Weniger Rügen als 2016

Schleichwerbung wird besonders oft sanktioniert, Richtlinie 12.1 weiter in der Diskussion – Pressemitteilung

München, Berlin, 06.03.2018

Pressemitteilung des Deutschen Presserats

Der Deutsche Presserat hat in Berlin seinen Jahresbericht vorgestellt. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Presse sei weiter gefragt, auch wenn die Zahl der Beschwerden leicht zurückgegangen ist: 1788 Leserinnen und Leser wandten sich im vergangenen Jahr an den Presserat, teilte das Gremium in einer Pressemitteilung mit. 2016 gab es noch 1851 Beschwerden.

2017 wurden 508 Beschwerden in den Ausschüssen bewertet und entschieden. 277 davon erwiesen sich als begründet. Die Verteilung der festgestellten Verstöße auf die Ziffern des Kodex blieb unverändert: Die ersten drei Plätze nahmen wie in den Vorjahren die Ziffern 2 (Sorgfaltsplicht), 7 (Trennung von Werbung und Redaktion) sowie Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit) ein.

Nahezu jede zweite Rüge wegen Schleichwerbung
Weniger häufig als in den Vorjahren griff der Presserat zu seiner schärfsten Sanktion: 21 öffentliche Rügen verhängten die Beschwerdeausschüsse 2017, im Vorjahr waren es 33. Fast jede zweite Rüge bezog sich auf Verstöße gegen den Trennungsgrundsatz von Werbung und Redaktion.

„Gerade im unklaren Aufbau von Online-Seiten und der Bezeichnung von bezahlten Veröffentlichungen als ‚Partnerinhalt‘ sehen wir eine schwerwiegende Irreführung der Userinnen und User“, sagte der Geschäftsführer des Presserats Lutz Tillmanns.

Richtlinie 12.1: Jeden Fall sorgfältig abwägen
Die 2017 neu gefasste und mit Leitsätzen ergänzte Richtlinie 12.1 zur Nennung von Gruppenzugehörigkeiten und Nationalitäten in der Berichterstattung über Straftaten sorgt nach wie vor für Diskussionen. Immer wieder argumentieren Redaktionen gegenüber dem Presserat, dass Polizei und Behörden die Zugehörigkeit von Tatverdächtigen im Netz veröffentlichen und es deshalb den Lesern gegenüber kaum vertretbar sei, diese in der eigenen Berichterstattung wegzulassen.

Der Presserat plädiert dafür, jeden Fall eigenverantwortlich zu bewerten und sorgfältig abzuwägen. „Zu den Kernaufgaben des Journalismus gehört schon immer die eigenverantwortliche Auswahl und Zusammenführung von Informationen nach ihrer jeweiligen Bedeutung“, sagte der Sprecher des Presserats Manfred Protze. „Die Nichterwähnung verfügbarer Detailinformationen verstößt daher nicht zwangsläufig gegen das Wahrhaftigkeitsgebot. Im Zweifel sollten Redaktionen ihre Auswahl den Lesern erklären“.

Unverändert gilt jedoch: „Die  Achtung  der Menschenwürde und die Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze gebieten es,  unbegründeten Verallgemeinerungen individuellen Fehlverhaltens keinen Vorschub zu leisten“, ergänzte Protze.

Diskriminierende Verallgemeinerungen vermeiden

Am 22. März 2017 hatte der Presserat die Regeln für die Berichterstattung über Straftaten im Pressekodex präzisiert. Die Richtlinie 12.1 stellt nun statt auf einen begründbaren Sachbezug auf ein begründetes öffentliches Interesse ab, das für eine Erwähnung der Zugehörigkeit eines Tatverdächtigen vorliegen muss.

Die neu gefasste Richtlinie formuliert zudem erstmals ausdrücklich das Ziel der Regelung, diskriminierende Verallgemeinerungen individuellen Fehlverhaltens zu vermeiden. Im Mai 2017 gab der Presserat Leitsätze (Download als PDF) heraus, die die neue Richtlinie ergänzen und den Redaktionen praktische Entscheidungshilfen an die Hand geben.

2017 sprach der Presserat insgesamt 21 Rügen aus, 58 Missbilligungen und 153 Hinweise. 45 Beschwerden waren begründet, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet. Der Jahresbericht steht auf der Homepage des Presserats zum Download bereit (PDF, 11 Seiten, 1,5 MB).

BJV-Kollegen im Presserat
Für den BJV engagieren sich die Kollegen Sascha Borowski und Ralph Bauer als gewählte Vertreter des DJV in den Ausschüssen des Deutschen Presserats.

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