Stefan Gregor, Vorsitzender des gastgebenden Bezirksverbands Mainfranken, begrüßte die Teilnehmer*innen
Foto: Thomas Geiger

BJV-Mitgliederversammlung 2018

Gewagte Zukunftsvisionen

Der Bayerische Journalistentag in Würzburg denkt den Verband weiter

München, Würzburg, 26.03.2018

Brainstorming bei der Mitgliederversammlung: Das kann ja heiter werden: Ein Bayxit verschafft dem BJV auf den Schlag 700.000 Euro freie Mittel. Gut ein Drittel seines gesamten Etats. Geld für zehn Stellen! Was für eine Mitgliederbetreuung wäre möglich und welche Lobbyarbeit! Kaum hat Michael Busch, der BJV-Vorsitzende, die verlockende Vision verkündet, reißt er seine Zuhörer im Congress Centrum Würzburg, schon wieder aus den Träumen. Diese Zukunft strebe der BJV nicht an.

Auch nicht die Umwandlung zu einer serviceorientierten Firma, in der ein Hauptgeschäftsführer den Weg und die Struktur bestimmt. Jede ideologische Diskussion fiele weg, preist BJV-Schriftführer Ralph Bauer die Vorzüge des Modells. Aber halt auch jeder Gedanke an eine solidarische Gemeinschaft.

Bühne frei für gewagte Zukunftsvision hieß es beim Bayerischen Journalistentag am 24. März in Würzburg. Allerdings handelte es sich eher um eine Kabarettbühne, wie sich spätestens beim „Gruß-August-Modell“ von BJV-Vize Daniela Albrecht zeigte: Der DJV übernähme einheitlich alle Lobby- und Repräsentationsaufgaben, kein Landesverband lege sich quer und führte ein Eigenleben. Oder sollten sie nur mehr als Dependancen weiterbestehen? Servicestationen für die Mitglieder an der Leine Berlins. BJV-Vize Andrea Roth karikierte das Modell. Oder soll’s eine satte Beitragserhöhung sein – endlich bundeseinheitlich? „Qualität kostet schließlich Geld“, resümierte Schatzmeister Markus Hack.

Von den Mitgliedern her denken
Also, wie sollen DJV und BJV künftig aussehen? Es begann eine Stunde des freien Brainstormings, um die Forderung von DJV-Vize Wolfgang Grebenhof aus Ansbach zu erfüllen: „Wir sollten aufhören, immer Strukturreförmchen zu machen. Wir sollten unseren DJV von den Mitgliedern her denken.“ Das kann heißen, in Art der Verwaltungsgemeinschaft größere Einheiten zu bilden, ohne den föderalen Aufbau aufzugeben. Eine Bündelung der Kräfte tue not. Grebenhof wurde recht deutlich: „Wir brauchen uns nicht einbilden, dass das bisschen Musik, das wir in München machen, in Brüssel gehört wird.“

Beisitzer Klaus Reindl sah die persönliche Betreuung in Gefahr. Ehrenmitglied Günter Weislogel fürchtete um die Existenz kleinerer Landesverbände. Aber es meldete sich auch Beisitzer Ulf J. Froitzheim: „Die Zersplitterung macht mir Sorgen.“ Carmen Kühnl und Susanne Schmidt verlangten, die Bedürfnisse der Mitglieder per Umfrage zu erkunden. Zu guter Letzt meinte Ehrenmitglied Michael Anger: „Miteinander reden kann Ängste abbauen. Es kommt zurzeit in unserem Verband viel in Gang.“

Der BJV bekommt einen Ehrenvorsitzenden
Entschieden wurden in Würzburg allerdings andere Dinge. Völlig überrascht wurde Wolfgang Stöckel vom Vorschlag, ihn zum Ehrenvorsitzenden zu ernennen und damit atmosphärische Störungen zwischen ihm und seinem Nachfolger Michael Busch („Ich entschuldige mich“) endgültig beizulegen.

Offen gingen Schatzmeister Markus Hack und Kassenprüfer Markus Mauritz mit Unregelmäßigkeiten einer fristlos entlassenen Buchhalterin um. Eine Sonderprüfung stellte sämtliche unrechtmäßigen Barabhebungen von BJV-Konten fest.

Auch über die Folgekosten der vom Vorstand Ende März 2017 beschlossenen Trennung von der ehemaligen Geschäftsführerin wurde transparent berichtet. In den Rechts- und Steuerberatungskosten in Höhe von 39.000 Euro sind sie in der Jahresabrechnung 2017 ausgewiesen, die vereinbarte Abfindung werde sich in den Personalkosten 2018 niederschlagen. Die Gründe des geschäftsführenden Vorstands für die Entpflichtung seien vom Landesvorstand akzeptiert worden, berichtet BJV-Chef Michael Busch. Details dürfe er jedoch nicht nennen.

Der seit September 2017 eingesetzte Nachfolger Dennis Amour und Bettina Kühnast als stellvertretende Geschäftsführerin zeichnen sich laut Busch durch hohes Vertrauen und intensive Kommunikation mit allen Beteiligten aus. „Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

Solide Finanzen
Sparsame Haushaltsführung gelobte Schatzmeister Hack für 2018. Aufgrund von Sondereffekten konnte er 2017 fast 152.500 Euro in die Rücklage geben. Allerdings seien auch manche Rechnungen ins neue Jahr gerutscht.

Und trotz sinkender Mitgliederzahlen sei die Fülle der Aufgaben gleich geblieben: der Service und die Rechtsberatung, die Darstellung nach außen und das Eintreten für den Beruf, die Wettbewerbe Pressefoto und Pressefreiheit, schließlich der BJVReport, dessen Kosten unter dem Strich nach wie vor hoch bleiben. „Gute Qualität kostet Geld“, sagte Hack. Knapp kalkuliert auf 2,235 Millionen Euro wurde der Jahresetat beschlossen.

Arbeitgeberfreundliche Journalisten?
Zunächst sind Tarifkämpfe auszustehen. Michael Busch tadelte die Hasenfüßigkeit der Kollegen, ihre eigenen Interessen zu vertreten. „Ich kenne kaum eine andere Berufsgruppe, die derart selbstausbeuterisch und arbeitgeberfreundlich arbeitet“, sagte er.

„Haben wir wirklich so viel Angst, dass mal alle draußen stehen und der Leser am nächsten Tag nichts mitbekommt? Wo bleibt die eigene Wertschätzung?“ Auch verbiete kein Gesetz dieser Welt, in Verlagen ohne Tarifbindung Haustarifverhandlungen aufzunehmen.

Ein Antrag hielt ausdrücklich fest, dass Journalisten „keine Billiglöhner“ seien und die Tarifflucht zu bekämpfen sei. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezeichnete Busch als „Garant für ein demokratisches Gebilde“. Ihm sei völlig unverständlich, dass auch innerhalb der Medienlandschaft das System angegriffen werde. Und was Angriffe der Rechtspopulisten auf die Presse angeht, könne es nur richtig sein, für den eigenen Erhalt einzutreten und die „undemokratischen Spinner“ zu demaskieren.

Schulfach Medienkompetenz
Seine Kompetenz einbringen möchte der BJV in ein künftiges Schulfach „Medienkompetenz“. Bisher sei die journalistische Praxis kaum berücksichtigt und beteiligt worden. Von der neuen bayerischen Staatsregierung wünscht sich der BJV einen Mediengipfel, der Medienvielfalt und Pressefreiheit unter den Rahmenbedingungen der digitalen Informationsgesellschaft sondiert.

Mehr formaler Natur waren drei Satzungsänderungen, die Abläufe des Verbands auf aktuellen Stand bringen. Bei der Wahl der beiden stellvertretenden Vorsitzenden wird künftig ein Quorum von 25 Prozent der Stimmen gefordert.

„Keine Information ist das Leben eines Journalisten wert!“
Auf einer Wellenlänge lag Busch mit Gastredner Philippe Leruth, dem Präsidenten der Internationalen Journalisten-Föderation (IJF), die Pressefreiheit in Europa zu verteidigen. Es seien „skandalöse Zustände“, dass nur ein von zehn Übergriffen auf Journalisten bis hin zum Mord amtlich untersucht werde. Und dass die Türkei die Arbeit von Journalisten als Terrorunterstützung kriminalisiert.

In einer Resolution forderte der Journalistentag, den Schutz der Pressefreiheit zur Bedingung für den Beitritt neuer EU-Mitglieder zu machen. Mehr zur Rede Leruths finden Sie im Artikel „Keine Information ist das Leben eines Journalisten wert!“.

Alois Knoller

Weitere Informationen

Geschäftsberichte 2017/2018

Etat 2018
Hier finden Sie den BJV-Etat 2018.

Anträge an den Bayerischen Journalistentag – Mitgliederversammlung des BJV

Die fristgerecht eingegangenen satzungsändernden und ordentlichen Anträge finden Sie hier.

Ergebnis der Delegiertenwahl zum DJV-Verbandstag am 4./5.11.2018 in Dresden (PDF)

Schlagworte:

#BJV18 | Pressefreiheit

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