Julia Reda: UrheberInnen stärken – rechts im Bild BJV-Vorsitzender Michael Busch
Foto: Maria Goblirsch

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Reda: Finanzielle Situation der Urheber soll gestärkt werden

BJV-Vertreter diskutieren mit Abgeordneten des EU-Parlaments in Straßburg

Straßburg, München, 16.03.2015

„In einer Zeit, in der europaweit mehr kulturelle Werke angeboten werden, das Einkommen der Autoren aber dennoch sinkt, ist es wichtiger, die finanzielle Situation der Urheberinnen und Urheber zu stärken als die der Verlage“, sagt die Europaabgeordnete Julia Reda. Die Vertreterin der Piraten und der Grünen im EU-Parlament hat als Berichterstatterin zur Urheberrechts-Reform den Vorschlag des „digitalen“ EU-Kommissars Günther Oettinger evaluiert und ihre Position in einem „Draft Report“ zusammengefasst.

In einem Gespräch mit BJV-Vertretern am Mittwoch im Straßburger Parlament stellte sie klar, dass sie sich für eine Stärkung der Rechte der Urheber gegenüber den Verwertern einsetzen wolle. So spricht sich Julia Reda dafür aus, dass „die Ausschüttung für Privatkopien künftig direkt dem Urheber zugesprochen“ werden soll.

Zudem sollen die Verwertungsgesellschaften zu mehr Transparenz verpflichtet werden. Auf diese Weise will sie für die Urheber sicherstellen, „dass das Geld auch tatsächlich bei ihnen ankommt und dass deutlich wird, wie viel Geld die Verwertungsgesellschaften für die Verwaltung der Tantieme ausgeben“.

Verwertungsgesellschaften sollen weiter bestehen
An eine Abschaffung der bestehenden Verwertungsgesellschaften wie etwa der VG Wort sei freilich nicht gedacht, erklärte die Abgeordnete auf Nachfrage. Sie bestätigte, dass sie sich in ihrem Report für eine Absenkung der Schutzdauer des Urheberrechts einsetze. So sollen Werke künftig nur noch 50 Jahre statt bisher 70 Jahre nach dem Tod eines Autors geschützt sein.

Eine Untersuchung habe ergeben, dass 90 Prozent der Werke nach 50 Jahren ohnehin nicht mehr auf dem Markt verfügbar seien, begründete Reda ihren Vorstoß. Die Erben des Urhebers könnten also keinen Nutzen mehr aus einer möglichen Verwertung ziehen.

Rechtsunsicherheit im Urheberrecht
Nach ihrer Überzeugung und auch nach Stimmen aus der EU-Kommission müsse man das Urheberrecht „auf lange Sicht auf Europäischer Ebene regeln, da immer mehr kulturelle Werke über die einzelnen Landesgrenzen hinaus ausgetauscht werden“. Bisher fehle es aber dafür an einheitlichen Mindeststandards. Die Folge sei eine große Rechtsunsicherheit für Journalisten und andere Kulturschaffende. Sie wüssten nicht, ob sie ein Werk, das sie in einem Land produziert haben, auch in anderen europäischen Ländern ausstrahlen oder anbieten dürften ohne gegen Urheberrechte zu verstoßen.

Olaf Henkel: Wir sind gegen den Euro, nicht gegen Europa
Das Treffen mit Julia Reda fand im Rahmen eines Presseseminars statt, zu dem das Europäische Parlament eingeladen hatte. Nach Reda begegneten die 14 BJV-Teilnehmer zwei Tage lang auch anderen hochrangigen europäischen Parlamentariern. Den Anfang machte Olaf Henkel, zuvor Industriemanager und Präsident des BDI.

Er übte Kritik am Verhalten der Presse gegenüber seiner Partei, der Alternative für Deutschland (AfD): „Man will nicht, dass wir als kompetente Alternative in Europa wahrgenommen werden und die Medien machen da mit“.

Henkel, der für die AfD im Mai 2014 in das Europäische Parlament gewählt wurde und nun dessen Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie als stellvertretender Vorsitzender angehört, kritisierte „die schädigende ökonomische Wirkung des Euro“. Es gebe im Deutschen Bundestag keinen Abgeordneten, der es wage, offen gegen den Euro zu sein. „Das halte ich für schizophren“.   

Der Abgeordnete betonte, seine Partei sei „gegen den Euro, nicht gegen Europa“. Im Europaparlament stelle er keine Ressentiments gegen die AfD fest, im Gegenteil. „Man kommt auf uns zu und will unsere Kompetenz“. Die AfD-Vertreter in Brüssel würden „mit Anfragen von Lobbyisten überschwemmt“.

Olaf Henkel bedauerte gegenüber der BJV-Delegation, dass die Presse kein Interesse an der Forschungspolitik zeige. Ein Protestbrief europäischer Nobelpreisträger sei als letztes SOS zu verstehen, „um das anspruchsvolle europäische Wissenschaftsprojekt Horizon 2020 vor dem Untergang zu bewahren“. Doch die Medien hätten darüber nicht berichtet.

Die EVP versteht sich als Regierungspartei Junkers
Gegenüber der BJV-Delegation erklärte Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP), dass man sich als „Regierungspartei im Europäischen Parlament“ verstehe. Er bezeichnete es als Skandal, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Sperrklausel für die Europa-Wahl am 25. Mai 2014 gekippt habe. (Geklagt hatten mehrere kleine Parteien, darunter die NPD und die Piraten, die Red.) Nur so sei es möglich geworden, dass das Europaparlament heute „zu einem Drittel aus Extremisten und Populisten“ bestehe.

Ja zur Vorratsdatenspeicherung
Der Abgeordnete aus Niederbayern bekannte sich zur geplanten Vorratsdatenspeicherung „mit hohen rechtlichen Standards“. Auf die Frage, ob er Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger ausnehmen wolle, sagte er: „Ich bin dafür, dass zunächst alle Verbindungsdaten gespeichert werden. Liegt ein Verdacht vor, so muss ein Richter über die Auswertung entscheiden.“

Der Fraktionsvorsitzende der EVP betrachtet sich als „Verfechter des Copyrights und des Rechts auf Vergessen im Internet“. Wenn einer irgendwann einmal „einen Blödsinn gesagt“ habe, müsse das auch aus dem Netz gelöscht werden können. Im Bereich des Datenschutzes und der Copyrights stehe das Parlament vor einem Berg von Aufgaben, „die geregelt werden müssen, bevor sich das Zeitfenster irgendwann schließt“.

Weitere Treffen fanden mit den Abgeordneten Kerstin Westphal (SPD/S&D), Michael Theurer (FDP/ALDE) und Gabriele Zimmer (Die Linke/GUE/NGL) sowie dem Leiter der Abteilung Mediendienste Yannis Dermis statt. Einen ausführlichen Bericht dazu lesen Sie in der nächsten Ausgabe des BJVReport.

Maria Goblirsch

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