Vivian Pasquet gewinnt den Helmut-Stegmann-Preis 2015
Foto: Martin Moser

BJV-Landesvorstand

Stegmann-Preis 2015: „Rührend, aber nie rührselig“

Vivian Pasquet erhält den Preis für junge Journalistinnen und Journalisten

München, 31.10.2015

Preisverleihungen stehen anscheinend nicht im Stundenplan der Henri-Nannen-Schule. Also hat Vivian Pasquet zur Sicherheit eine Nachricht mit Tipps von ihrem Schulleiter Andreas Wolfers bekommen. Sie kramt ein kleines Stück Papier hervor, nicht viel größer als ein Kassenbon. Nur ein paar Zeilen Text stehen darauf – was ihr Wolfers für die Verleihung des Helmut-Stegmann-Preises an diesem Abend rät.

Neben herzlichen Glückwunsch, haben Sie einen schönen Abend und schade, dass ich nicht dabei sein kann, steht da: „Überlegen Sie sich vorab Sätze, die Sie sagen können vor dem Publikum. Damit Sie nicht rumstottern, wie eine Oscar-Gewinnerin.“

Pasquet blickt für einen Moment von Zettel auf: „Und dann kam der wohl für ihn entscheidende Teil.“ Sie liest weiter: „Wenn Sie dabei auch mir danken wollen, dann habe ich nichts dagegen.“

Also grüßt Vivian Pasquet unter Gelächter ihren Schulleiter und bedankt sich für die Auszeichnung. Zum 16. Mal wurde der Helmut-Stegmann-Preis nun verliehen. Geehrt werden junge Journalisten für Texte, die während ihrer Ausbildung an einer Journalistenschule entstanden sind.

Eine unglaubliche Fehldiagnose
Vivian Pasquet bekommt ihn in diesem Jahr für ihren Text „Abschied ohne Ende“, die vor einem Jahr im Spiegel erschienen ist.  Darin erzählt sie die Geschichte eines Priesters, der von seinem Arzt erfährt, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Leberkrebs, unheilbar. Der Mann bestellt einen Sarg, verschenkt all seinen Besitz und wartet im Hospiz auf den Tod. Doch der Tod kommt nicht. Nicht nach Wochen, nicht nach Monaten. Eine unglaubliche Fehldiagnose.

Ein Text, der sich schwer in journalistische Kategorien einordnen lasse und eher leicht wie ein Kammerspiel sei, sagt Dominik Wichmann in seiner Laudatio. Doch gerade solche Texte lese man gerne: sehr schlicht, fast kantig geschrieben, der Inhalt dafür umso stärker. „Vivian Pasquets Text ist rührend, aber nie rührselig.“

Sätze, die im Kopf bleiben
Mit ihrer Geschichte hat sie nun auch die Jury des Helmut-Stegmann-Preises überzeugt. „Wenn dem Leser noch Wochen nach der Lektüre Sätze im Kopf herumschwirren“, sagt BJV-Schatzmeister Markus Hack, „dann spricht das für seine Qualität.“ Hack übergibt an diesem Abend den Scheck über 5000 Euro – denn der BJV stiftet seit 2010 das Preisgeld; die Deutsche Journalistenschule organisiert die Preisverleihung.

Kurz vor Verleihung in der Burda Bar hat Pasquet nochmal versucht ihren Protagonisten zu erreichen. Sie wollte ihm am Telefon erzählen, dass es einen Preis für die Geschichte gibt. Doch der Mann ist im Juni gestorben. Nicht an Leberkrebs, wie es der Arzt mit der Fehldiagnose prophezeite – es war das Herz.

Martin Moser

Nachtrag, 06.11.2015: Der letztjährige Gewinner des Helmut-Stegmann-Preis, Björn Stephan, gewinnt beim Wettbewerb dpa news talent 2015 den ersten Preis, das meldete dpa heute. Wir gratulieren!

 

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