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Verbotsschild am Trainingsgelände des TSV 1860 München
Das Hausverbot für Journalisten wurde vom TSV 1860 nach drei Tagen aufgehoben
Foto: 
Thomas Mrazek

Aktuell

TSV 1860: Nehmen Sie die Restriktionen sofort zurück!

Kommentar zum Presseboykott des TSV 1860 München

München, 03.12.2016

26.11.2016 Der Zweitbundesligist TSV 1860 München sorgt derzeit für zahlreiche negative Schlagzeilen. Insbesondere dem Investor des Vereins, Hasan Ismaik, missfällt dies. Der TSV 1860 drangsaliert die Münchner Journalisten daher mit erheblichen Einschränkungen ihrer Arbeitsmöglichkeiten.

Nach einer – wie die SZ schrieb – „kuriosen“ Pressekonferenz am Dienstag, äußerte der Verein am Donnerstag in einer „Klarstellung“ seinen Unmut über die nachfolgende Berichterstattung: „[Es] wurden diese Botschaften zum größten Teil unsachlich und irreführend wiedergegeben. Diese Darstellung halten wir für sehr bedenklich.“ Gegen diese Aussage ist selbstverständlich nichts einzuwenden, man hätte sie vielleicht noch mit Fakten unterfüttern können.

Pegida-ähnliches Posting
In einem am Donnerstagabend veröffentlichten Posting auf seiner persönlichen Facebook-Seite kritisierte Hasan Ismaik hingegen in völlig unsachlicher Art und Weise die Berichterstattung über sich und den Verein.

Er sprach von einer „despektierlichen, unverschämten und verlogenen Berichterstattung in den regionalen und überregionalen Medien“, und „Ein Wort zu den 1860-Reportern: Ich habe ihnen in den ersten Jahren die Hand gereicht. Doch seit geraumer Zeit attackieren sie mich vor allem deswegen, weil ich nicht mehr mit ihnen spreche. Trotzdem versuchen sie über Mittelsmänner mit mir in Kontakt zu treten. Ich werde diesen charakterlosen Menschen nie mehr ein Interview geben. Sie schreiben, dass ich die 50+1-Regel nicht akzeptieren würde. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist ein dreckiges Spiel zwischen Medien und Hintermännern, das ich längst durchschaut habe. Mit ihrer Lügenkampagne bringen die Medien mich jeden Tag noch näher an 1860 als weg davon.“ Sein Posting beendet er mit der Ansage: „Der Spott der Medien ist mein Antrieb.“ Konkrete Sachverhalte, die zu bemängeln wären, nannte Ismaik nicht.

1860 ignoriert Kritik beharrlich
Der BJV reagierte am Donnerstagabend auf dieses Wut-Posting, welches unserer Meinung nach das gleiche Niveau hat, wie die Kritiken aus Kreisen von Pegida und Co. Bei Twitter schrieben wir: „Wir appellieren an Hasan Ismaik, @ismaik1860, & die Verantwortlichen des @TSV1860 ihre Medienkritik doch bitte sachlich zu äußern. /tm“ Vom Verein erfolgte darauf keine Reaktion, zahlreiche Medien zitierten unseren Tweet.

Maulkorb für Löwen-Repräsentanten und die Mannschaft
Am Freitagabend verkündete der TSV 1860 auf seiner Homepage einen Presseboykott:

„Der TSV 1860 München hat folgende Entscheidung getroffen:

  • Sämtliche Repräsentanten der Löwen sowie die 1860-Lizenzmannschaft stehen bis auf Weiteres nicht für Interviews und Gesprächsanfragen aller Medien zur Verfügung.
  • Der TSV 1860 München respektiert selbstverständlich die grundsätzlichen, medienrelevanten Verpflichtungen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und erfüllt diese rund um die Spieltage in der Zweiten Liga.

Wir protestierten auch gegen diese Maßnahme bei Twitter: „.@TSV1860 teilt mit, dass Spieler & Repräsentanten bis auf Weiteres nicht für Medien zu sprechen sind. http://www.tsv1860.de/de/Aktuelles_News/2570.htm … Was soll das?“ Vom TSV 1860 erfolgte erneut keine Reaktion.

Hausverbot für Journalisten beim TSV 1860
Am Samstag teilte der TSV 1860 einigen Journalisten per E-Mail mit: „Im Rahmen dieser Maßnahme ist allen Medienvertretern der Zugang zum Trainingsgelände nicht gestattet.“

Ein Reporter sagte uns am Samstagabend, „dass dadurch unsere Arbeit grundlos und pauschal behindert wird. Der Besuch des Trainingsgeländes ist praktisch eine der Grundlagen unserer Arbeit“. Tatsächlich postierten heute Nachmittag, kurz vor der Abfahrt des Mannschaftsbusses zum Flughafen, drei Sicherheitskräfte des Vereins am Eingang des Trainingsgeländes, um zu schauen, ob nicht einer der ihnen persönlich bekannten Journalisten trotz des Hausverbots vorbeikommt. Am kommenden Montag, wenn die Mannschaft vom Auswärtsspiel in Braunschweig zurück ist, könnte das Hausverbot zu einem richtigen Problem für die Berichterstatter werden, befürchtet der Kollege, der namentlich nicht genannt werden will.

Das Trainingsgelände ist frei zugänglich, dort gibt es u.a. eine Gaststätte und einen Fanshop. Journalisten würden also künftig gegenüber anderen Personen, also Nicht-Journalisten, sogar benachteiligt – um mal die Irrsinnigkeit dieses Verbotes darzustellen. Wie diese Maßnahme rechtlich zu bewerten ist, ließ sich am Samstagabend nicht klären.

Lange Partnerschaft zwischen Verein und Journalisten
Über Jahrzehnte erfolgte die Zusammenarbeit zwischen dem TSV 1860 München und der stetig gewachsenen Anzahl von Journalisten – von Streitigkeiten in der Präsidenten-Ära (1992 bis 2004) des 2010 verstorbenen Karl-Heinz Wildmoser abgesehen – durchweg professionell und kollegial. Es gab wie in jeder Beziehung Höhen und Tiefen, die jetzt erfolgten Maßnahmen sind freilich der absolute Tiefpunkt. Die betroffenen Kollegen sind – soweit wir dies erfahren haben – durchweg verärgert und verunsichert über dieses Gebaren des TSV 1860.

Spielt die Pressefreiheit beim TSV 1860 keine Rolle mehr?
Selbstverständlich berichteten die Medien kritisch über die jüngsten Vorgänge beim TSV 1860 München, dies und nichts anderes ist auch ihre Aufgabe, das wollen ihre Leser. Dass dabei mitunter trotz aller Sorgfalt und Recherche mitunter auch Fehler passieren, gehört dazu. Dass diese Fehler von Betroffenen aber auch vom Publikum kritisiert werden, das gehört selbstverständlich auch dazu – freilich sollte dies auf vernünftige Art und Weise stattfinden. Wenn Fehler passieren gibt es zudem für Betroffene mehrere Möglichkeiten, auf diese angemessen und wirksam zu reagieren.

Gerade heutzutage ist der Wert Pressefreiheit in unserem Land besonders hoch zu halten. Den Verantwortlichen des TSV 1860 München scheint die fatale Wirkung der von ihnen ausgeübten Repressionen allein in Hinsicht auf die Pressefreiheit überhaupt nicht gewahr zu sein. Was andere Vereinsmitglieder, viele Fans, Leser, Zuschauer, Zuhörer, Sponsoren, die Deutsche Fußball Liga (DFL) und andere Vereine von Maßnahmen wie Presseboykott und Hausverbot für Medienvertreter halten, kann sich in den nächsten Tagen zeigen.

Ziehen Sie die Restriktionen sofort zurück!
Wir fordern die Verantwortlichen beim TSV 1860 auf, wieder auf professioneller und kollegialer Basis mit allen Journalisten zusammenzuarbeiten. Bereinigen Sie bitte in Gesprächen die entstandenen Unstimmigkeiten, benennen Sie die Ihrer Meinung ungerechtfertigte oder falsche Berichterstattung.

Der BJV-Vorsitzende Michael Busch appelliert an die Vereinsleitung und den Investor Hasan Ismaik: „Nehmen Sie die Maßnehmen eines Redeverbots für Repräsentanten und Lizenzspielermannschaft sowie das Hausverbot – auch im eigenen Interesse – sofort zurück!“

Thomas Mrazek, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im BJV
Kontakt: presse@bjv.de

Nachtrag, 27.11.2016
Der Verein Münchner Sportjournalisten (VMS) schreibt am 26.11.2016 auf seiner Homepage: „Der Verein Münchner Sportjournalisten @vmsmuc fordert die Verantwortlichen des @TSV1860 @ismaik1860 auf, die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit einzuhalten, die pauschale Aussperrung der Medien umgehend aufzuheben, sowie konstruktiv und sachlich miteineinander umzugehen. Objektive, kritische Berichterstattung ist mit Sicherheit nicht Schuld an der derzeitigen Situation des TSV 1860 München.“

Aktualisierung, Dienstag, 29.11.2016
Am Montag, 28.11., berichteten wir über das gegen Journalisten verhängte Hausverbot: „TSV 1860 München sperrt Journalisten aus“. Heute Nachmittag wurde dieses aufgehoben, der Verein will jedoch weiterhin keine Interviews geben. Auch unsere an den Geschäftsführer Anthony Power gestellten Fragen blieben bislang unbeantwortet. Die Pressesprecherin Liz Zercher hatte uns dieses Vorgehen empfohlen.

Aktualisierung, Freitag, 02.12.2016, 13.30 Uhr
Frank Schneider, Bild Süd, Stellvertretender Sportchef, @docbrumm, meldet bei Twitter: „Freie Plätze heute bei der Pressekonferenz von #1860 - BILD, tz, AZ, SZ und Merkur verzichten wg. Medienboykott auf Teilnahme. @BILD_1860“.

Aktualisierung, Samstag, 03.12.2016, 16.00 Uhr
Die Kollegen von @Bild_1860 melden nach dem 1:0-Sieg des TSV 1860 München gegen Dynamo Dresden: „Löwen setzen ihren unsäglichen Presseboykott fort: Wieder keine 1860-Spieler in der Mixed-Zone #tsv1860 @BJVde“
Wir wiederholen bei Twitter unseren Appell: „.@TSV1860 Zeigen Sie auch außerhalb des Spielfelds Professionalität & Fairness – heben Sie Ihren Presseboykott sofort auf! #gemeinsam ...“

Aktualisierung, Dienstag, 06.12.2016, 18.30 Uhr
Der TSV 1860 teilte heute mit: Medien-Boykott aufgehoben. Thomas Eichin beurlaubt.
„Der TSV 1860 München hat sich entschlossen, den Medien-Boykott mit sofortiger Wirkung aufzuheben. „Natürlich begrüßen wir weiterhin kritische Berichterstattung", erklärt Löwen-Präsident Peter Cassalette, „aber nicht, wenn sie unsachlich, unfair und unter der Gürtellinie ist. Was wir nicht zulassen, sind Beleidigungen gegenüber unserem Hauptgesellschafter Hasan Ismaik. Er ist nicht nur unser größter Sponsor, sondern längst fester Bestandteil unserer Löwen-Familie. Wir schätzen sein herausragendes Engagement für unseren Verein und sind stolz, ihn unter uns zu haben.“

Gleichzeitig reicht Cassalette der Presse die Hand: „Wir schätzen unsere Münchner Medien und wissen sehr wohl, was wir an ihnen haben. Wir freuen uns, wenn wir bald wieder für positive Schlagzeilen sorgen können.““

 

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