Ausgabe 3/2018www.bjv.de / www.djv.dePreise zum Tag der PressefreiheitZu viele Fotografen ohne NamenVor 50 Jahren: Medien 1968Einblicke in TarifverhandlungenAusgespähtÜberwachte JournalistenPressestellen A bis Z im BJVreportAb Seite 19 finden Sie die Einträge von Pressestellen aus den Bereichen Bildung/Wissenschaft (BW), Messen/Ausstellungen (MA), Finanzen (F), Versicherungen (V), Energie (E), Verkehr (VK), Unternehmen (U), Kammern (K), Verbände (VB), Soziales/Kirche (SK):AAFAG Messen und Ausstellungen (MA)AUDI (U)B/CBauindustrie Bayern/ Bayerischer Bauindustrieverband (VB)Bayerische Landesärztekammer (K)Bayerische Landeszahnärztekammer (K)Bayerischer Gemeindetag (VB)Bayerischer Jagdverband (VB)Bayerngas (E)Bayernhafen Gruppe (VK)Bayernwerk (E)Bischöfliche Aktion Adveniat (SK)BMW Group (U)DDIEHL Diehl Stiftung (U)DRÄXLMAIER Group (U)EErdgas Schwaben (E)E-T-A Elektrotechnische Apparate (U)FFlughafen München (VK)G/HGVB Genossenschaftsverband Bayern (F)Hanns-Seidel-Stiftung (BW)I/J/KInterhyp Gruppe (F)L/MLEONI (U) LEW Lechwerke (E)LMU Ludwig-Maximilians-Universität München (BW)NN-ERGIE (E)NÜRNBERGER Versicherungsgruppe (V)NürnbergMesse (MA)O/P/ROMV Deutschland (U)Preh (U)SSparkassenverband Bayern (F)StWN Städtische Werke Nürnberg (U)Süddeutscher Verband reisender Schausteller und Handelsleute (VB)swa Stadtwerke Augsburg Holding (E)T/UThüga (E)TÜV Rheinland (U)TUM Technische Universität München (BW)VVAG Verkehrs-Aktiengesellschaft (VK)VdK Bayern Sozialverband (SK)Versicherungskammer Bayern (V)VGN Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VK)Wwbg Nürnberg Immobilien (U)Dank auch den Sonderinserenten: • Akademie der Bayerischen Presse• JhJ – Journalisten helfen Journalisten• Presse-Versorgung (Versorgungswerk der Presse) Die Rubrik „Pressestellen“ im BJVreport ist ein gern genutzter „Treffpunkt“ für Kammern, Verbände, Organisationen, Dienstleister und Unternehmen aus vielen Bereichen, die regelmäßige und fundierte Pressearbeit betreiben. Nutzen Sie diese Kontaktbörse, alle zwei Monate, ein ganzes Jahr lang für nur 1350,– EUR zzgl. MwSt. Das Medienmagazin BJVreport erscheint 6 x jährlich, jeweils zur Monatsmitte im Februar, April, Juni, August, Oktober und Dezember • Anzeigenschluss vier Wochen vorher • Mediadaten unter www.bjv.de • Planung/Abwicklung: Mediasüd, Robert Macher, Telefon 0 91 81 / 29 99-477, Fax 0 91 81 / 29 99-479, robert.macher@mediasued.de Kontaktbörse „Pressestellen“ BJVreport 3/20183InhaltViele GesichterPlatz 15 von 180 auf der Rangliste der Presse-freiheit: Journalisten in Deutschland stehen an sich gut da. Und doch weisen „Reporter ohne Grenzen“ prominent darauf hin, dass Kollegen staatlich überwacht werden, etwa, wenn sie in der rechtsextremen Szene recher-chieren. Anlass genug, genauer hinzuschau-en, denn Überwachung kann viele Gesichter haben. In unserer Titelstrecke erzählen eine Mafiabuchautorin, ein Exiljournalist, ein Rechtsradikalismus-Experte und ein Correc-tiv-Reporter von ihren Erfahrungen. Wir bli-cken auf die Auswirkungen des umstrittenen bayerischen Polizeiauf-gabengesetzes. Neue digitale Werkzeuge kommen Chefetagen entgegen, wollen sie die Mitarbeiter und deren Leistung kontrollieren, doch setzt der Gesetzgeber deutliche Grenzen. Allerdings sollten wir uns auch ehrlich fragen: Wie genau nehmen wir’s, wenn es um den Schutz eigener Daten geht? Ab Seite 10Thilo Schmidt erhält für sein Hörfunk-Feature über Rechtspopulis-mus und Pressefreiheit den ersten Preis beim BJV-Wettbewerb zum Tag der Pressefreiheit. Er will beschreiben, wie die Arbeit von Journa-listen behindert wird – und wird selbst zur Zielscheibe. Ab Seite 6Täglicher Job von Journalisten ist es, Fragen zu stellen. Doch wie lässt sich diese Kernkompetenz ins Digitale übertragen? Bei der Medien-gruppe Pressedruck arbeitet man mit dem Projekt „Ask me“ derzeit an einer technischen Lösung – mit Unterstützung von Google. Seite 25„Argumente prallen ab wie an einer Teflon-Bratpfanne“, sagt Tarif-kommissionsmitglied Wolfgang Grebenhof über seine Eindrücke bei den Verhandlungen mit den Verlegern. Außerdem: Der Streik in Bil-dern und was man wissen muss zum Streiken. Ab Seite 36Michaela SchneiderLeitende RedakteurinFoto: Günter SchneiderKaleidoskop 4 Medienköpfe 5 Social Media auf Papier Verband 6 Erst Beobachter, dann Zielscheibe BJV-Wettbewerb zum Tag der Pressefreiheit 8 „Parallelen zur Türkei sind erschreckend“ Wie es Journalisten in Ankara, Budapest und Warschau gehtTitel10 „Big Brother“ beobachtet Das Ausspähen von Journalisten ist auch in Deutschland Realität13 Achtung, Kontrolle! Methoden innerbetrieblicher Überwachung 14 Eine völlig neue Dimension Was das Polizeiaufgabengesetz für den Journalismus bedeutet16 „Monopole meiden, wo es geht“ Datenschutzexperte erklärt, wie man digital sicher kommuniziert18 Keylogger, Videokamera, Detektei Gerichtsurteile zum Ausspionieren von Mitarbeitern 19 PressestellenMedienszene25 Frag mich, Augsburger Allgemeine! „Ask me“ als Tool zur gezielten Leseransprache26 „Wir waren lästig“ Das Jahr 1968 und die Medien28 Für Pressefotografen wird das Licht nicht ausgeknipst Die neue Datenschutz-GrundverordnungVerband29 Unglaubwürdige Reformatoren Auf ein Wort mit Michael Busch30 Aus dem Verbandsleben31 Mentoring: „Bloß keine altväterlichen Ratschläge“32 BJV-Check „Fotografen haben Namen“34 Von wegen Stillstand Journalistinnen trafen sich zur Konferenz „Frau Macht Medien“35 Preise, Preise, Preise36 „Argumente prallen ab wie an einer Teflon-Bratpfanne“ Ein Gespräch mit einem Tarifkommissionsmitglied38 Rechtliches: Redakteure dürfen aus Solidarität streikenService39 Rezensionen 40 Technik Journalisten sollten sich Mühe geben, ihre Daten zu schützen 42 TermineZur Person43 Jubilare, Impressum44 NachrufeSagen Sie mal …45 „Man kann Boten stoppen, aber nicht die Botschaft“ Pulitzer-Preisträger Bastian Obermayer unterstützt inzwischen andere Journalisten gegen die Feinde der Pressefreiheit Unser Titelbild Kaufvorschläge des Versandhaus-Giganten im Internet sind erschreckend geschmackssi-cher. Gläsern sind wir längst, der Mensch wird zum Datensatz. Was mit unseren Daten geschieht, können wir nur erahnen. Der freie Fotograf Daniel Karmann hat dieses Bild noch zugespitzt und in den Kopf des gläsernen Menschen einen Chip gepflanzt, der in Echt-zeit jeden Gedanken, jedes Handeln auswertet. Journalisten genießen zwar das Privileg des sogenannten Geheimnisträgers, damit sollten ihre Daten für staatliche Lauscher tabu sein. Doch Zweifel dürften be-rechtigt sein, dass unsere Daten ohne Wenn und Aber geschützt sind, siehe die Montage auf Seite 10. Geboren wurde der Wahl-Nürnberger Daniel Karmann in Saarbrücken und ist französischer Staatsbürger. Er arbeitete im Journalismus, im Marketing – und seit 2003 als Fotojour-nalist, überwiegend im Auftrag der dpa. Unterwegs sei er in Deutsch-land, Europa und weltweit, sagt er. Mehr unter www.danielkarmann.de.Daniel KarmannFoto: Berlind BernemannBJVreport 3/20184Medien-SzeneSylvie Stephan (@sylvie_stephan) wird Nachfolgerin von Max Sto-cker, der zum 1. Juni als Chef von B5 aktuell in den Ruhestand geht. Stephan leitet die Pressestel-le des BR, die derzeit auch die Pressearbeit für die ARD koordi-niert. Ihre neue Aufgabe wird die 50-Jährige daher erst nach Ende des ARD-Vorsitzes antreten. Bis 2020 übernimmt kommissarisch der Leiter der BR-Redaktion „Po-litik und Hintergrund“, Steffen Jenter (@SteffenJenter). Richard Rebmann wird die Spitze der Südwestdeutschen Medien-holding verlassen. Der Verleger, der im Mai seinen 60. feierte, soll laut Kress den Posten zum 1. Juli abgeben. Angeblich kreiden die SWMH-Gesellschafter Rebmann den überteuerten Kauf der Süddeutsche-Anteile an.Felix Kovac (@FelixKovac) übernimmt voraussichtlich im ersten Halbjahr 2019 das Zepter bei Antenne Bayern. Der 49-Jährige tritt die Nachfolge von Geschäfts-führer Karlheinz Hörhammer an, der in Ruhestand geht. Kovac kommt von der Mediengruppe Pressedruck (Augsburger Allgemeine), wo er seit 2004 die Ge-schäfte der Tochter rt1 Media (Hitradio rt1, a.tv) führt. Joachim Braun, bis 2016 beim Nordbayerischen Kurier, ist nicht mehr Chefredakteur der Frankfurter Neuen Presse. Seit 1. April gehört das Blatt der Ippen Me-diengruppe und der MDV-Me-diengruppe der Gießener Verle-gerfamilie Rempel. Brauns Posten hat der neue Mitgesellschafter und Co-Chefredakteur Max Rem-pel übernommen.Dieter Hanitzsch darf nicht mehr für die Süddeutsche Zeitung Kari-katuren zeichnen. Trennungs-grund war eine Zeichnung, mit der der 85-Jährige die Instrumen-talisierung des ESC-Sieges durch Israels Premier Netanjahu kriti-sieren wollte. Die Chefredaktion und viele Leser beanstandeten darin antisemitische Klischees und Stereotype.Doris Bimmer (@BimmerDoris) und Peter Allgaier berichten ab Sommer vom neuen BR-Studio in Mindelheim aus über die Region zwischen Memmingen und Am-mersee. Bisher reisen sie aus München oder Kempten an.Philipp Schulze steigt vom bishe-rigen Vize zum Chefredakteur von Burdas Film-Zeitschrift Cinema auf. Er übernimmt von Artur Jung, der aus persönlichen Grün-den künftig als Autor arbeitet. Schulze ist seit 2003 bei Burda.Anja Delastik, Chefredakteurin von Cosmopolitan, wird ab der Ju-li-Ausgabe zusätzlich die Verant-wortung für Bauers Frauenmaga-zin Maxi tragen, das von Hamburg nach München um-zieht. Delastiks Stellvertreterin bei Maxi wird Cosmo-Vize Lara Gonschorowski. Als zweite Stell-vertreterin und Textchefin steigt Birgit Querengäßer ein, die von Klambts Jolie kommt. Anne Oppel leitet das Textressort.Christoph Net-zel tritt am 1. Juli als BR-Sportchef die Nachfolge von Ruhe-ständler Klaus Kastan an. Netzel ist seit 1999 beim Sender, seit 2016 als Leiter der Redaktion Außenübertra-gung. Er wirkte am Umbau des Sportbereichs zur ersten trimedi-al arbeitenden BR-Redaktion mit.Andrea Rexer (@andrearexer) wechselt von der Süddeutschen zum Handelsblatt. Spätestens im November wird die 36-Jährige in Düsseldorf die Leitung des Res-sorts Unternehmen und Märkte übernehmen. Rexer ist seit 2012 bei der SZ. Seit 2014 leitet sie das Finanzen-Team und verantwortet das Supplement Plan W.Nikolaus Röttger (@nikolausr) gibt die Chefredaktion von Wired auf. Das Tech-Magazin von Condé Nast soll nur noch digital erscheinen. Außerdem wird bis zum Sommer der Redaktionssitz von Berlin nach München verlegt und eine neue Leitung bestimmt. Röttger soll den Übergang in be-ratender Funktion begleiten.Georg Eisen-reich ist neuer Medienminis-ter in Bayern. Der studierte Jurist und enge Vertraute von Ministerpräsident Markus Söder wurde 1970 in München geboren und war zuletzt Staatssekretär für Bildung und Kultus. Vorgänger Marcel Huber ist in Söders Kabi-nett Minister für Umwelt- und Verbraucherschutz.Friedrich Bräuninger, vormals Wirtschaftsredakteur (unter an-derem Augsburger Allgemeine), ist seit 1. Mai Kommunikationschef bei den Aktivsenioren Bayern. Der Verein berät von München aus Existenzgründer, Start-ups und Unternehmen in betriebs-wirtschaftlichen Fragen.Anstelle von Helmut Markwort lädt seit April BR-Moderator Til-man Schöberl („Jetzt red i“) ge-meinsam mit Dieter Hanitzsch und Wolfgang M. Heckl zum „Sonntags-Stammtisch“ ein. Markwort musste die Moderation abgeben, weil er bei der Landtags-wahl für die FDP antritt.Senta KrasserSiebzig Jahre im Journalismus, dazu ein annähernd lückenloses Wis-sen über Münchner Historie – das macht Karl Stankiewitz (rechts) keiner so schnell nach. Und das wurde jetzt von seiner Heimatstadt gewürdigt. Bürgermeister Josef Schmid (CSU) überreichte Münchens wohl dienstältestem Journalisten im historischen Hauberrisser-Zim-mer des Rathauses die Medaille „München leuchtet“ in Silber. Der Geehrte, der im Oktober neunzig wird, nahm die Ehrung „auch im Namen Münchner Kollegen“ an, „die München täglich leuchten las-sen, indem sie über Besonderheiten und Schönheiten der Stadt be-richten, ohne die Schattenseiten zu übersehen“. Ein Gastbeitrag von Karl Stankiewitz über die „Medien 1968“ ist in diesem BJVreport ab Seite 26 zu lesen. Foto: Thomas StankiewiczFoto: Alexander Wohlrab/Antenne BayernFoto: Andreas Heddergott/Bayerische StaatskanzleiFoto: Markus Konvalin/BRFoto: Ralf Wilschewski/BRBJVreport 3/20185Netz-SzeneFeine Sachen machenAufwendige Recherchen, das Ausprobieren multimedialer Darstellungsformen, bei der Be-richterstattung einen neuen Dreh finden, das Publikum einbinden: Feine Sachen machen wir alle gerne, da macht die Arbeit noch mehr Spaß und man kann sich vielleicht auch – was mittlerweile selten genug in unserer Branche geschieht – ein wenig selbst ver-wirklichen. In den von Klickzah-len und Reichweitenoptimierung getriebenen Online-Medien kommen solche Möglichkeiten freilich viel zu kurz. Doch manchmal überraschen uns posi-tive und letztlich auch lehrreiche Beispiele.Vom Klima im Bundestag„Was hat sich mit dem Einzug der AfD in den Deutschen Bun-destag geändert?“, fragte die Süddeutsche Zeitung und dachte da-bei auch etwas um die Ecke. Die Datenjournalistinnen Katharina Brunner (@cutterkom) und Mar-tina Schories (@MSchories) schauten nämlich auf die Plenar-protokolle aus einem halben Jahr Legislaturperiode von September 2017 bis April 2018. „Wir haben Programme geschrieben, die die-se Protokolle systematisch aus-werten“, berichtet Brunner in ei-nem Making-of-Video (bjvlink.de/makingof). „Wie hat sich das Parlament mit dem Einzug der Rechten verän-dert? Wie prägen die Rechten das Miteinander, das Klima, die Ab-läufe im Bundestag?“, lauteten die Leitfragen. Die Journalistin-nen werteten hierzu mehr als 1500 Redebeiträge aus 24 Sit-zungstagen aus. „Die Stenografen schreiben in Echtzeit die Reden mit; sie erfassen jeden Zwischen-ruf, protokollieren jedes Lachen, Mau (@katharina_mau) hat ein-fach mal für das Start-up The Buzzard nachgefragt: „Wie infor-mieren sich erfolgreiche Journa-listen am Morgen?“ Und siehe da: auch mit einem Vierteljahr-hundert Internet auf dem Buckel kann man von Jochen Wegner, Lina Timm und einigen anderen Journalisten auch hier noch et-was dazulernen: bjvlink.de/informieren. Als gute Inspirationsquelle etab-liert hat sich das Münchner Pro-jekt piqd, dass sich als „dein per-sönliches Magazin für guten Journalismus“ anpreist. „Rund 130 kluge Köpfe empfehlen dir täglich ausgewählte Artikel, Re-portagen, Interviews und mehr“, schreiben die Macher. Auch das neue Format „piqd-Salon – Jour-nalismus live “, zu welchem jeden Monat Journalisten eingeladen werden, trägt dazu bei, feinen Sa-chen und deren Machern eine zusätzliche Bühne zu bieten (piqd.de, @piqd_de).bannen jedes Klatschen in Buch-staben“, erläutern sie. Das aus-führlich dokumentierte Ergebnis dieser Recherchen zeichne „ein beunruhigendes Bild“, resümie-ren die SZ-Journalistinnen: „Die AfD versucht, die Gesellschaft zu spalten. Und durch den Bundes-tag geht ein Riss.“ Mehr dazu im Longreader „Das gespaltene Par-lament“: bjvlink.de/szafd.Dass sich Teamarbeit und Ko-operationen von verschiedenen Medien lohnen, zeigte im Mai die Auszeichnung für Eva Anna Achinger (@EvaAnnaAchinger) und Alexander Krützfeldt (@paulk3mp). Die beiden Journalis-ten erhielten den Dr.-Georg- Schreiber-Medienpreis der AOK Bayern (aokmedienpreis.de) in der Kategorie Online für ihre multimediale Darstellung „Aus-nahmezustand in deutschen Ge-fängnissen“, welche bei der SZ (bjvlink.de/knastsz), dem Bayerischen Rundfunk (bjvlink.de/knastbr) und CORRECTIV (bjvlink.de/knastcorrectiv) veröf-fentlicht wurde (weitere Preisträ-ger siehe Seite 35). Es müssen nicht immer die gro-ßen (Recherche-)Projekte und Innovationen sein, die neben so-lider Tagesarbeit positiv zum An-sehen des Online-Journalismus beitragen. Neue Akzente setzt die Augsburger Allgemeine. Im April Die Süddeutsche Zeitung wollte wissen, wie sich das Parlament mit dem Einzug der Rechten verändert hat. Screenshot: Thomas MrazekDer AutorThomas Mrazek (@tmrazek) arbeitet als freier Journalist und Dozent in München, er betreut die Netzaktivitäten des BJV; thomas-mrazek.de.Foto: Günter DistlerGezwitschertDie Klammern hinter einigen Namen sind die Twit-ter-Adressen der Kol-legen beziehungswei-se Medien. Bereits 4900 Nutzer folgen dem BJV bei Twitter: @bjvde. Der BJV ist zudem täglichfür Sie im Netz: bjv.de,facebook.com/bjvde und am Freitag bjv.de/newsletter.startete Chefredakteur Gregor Peter Schmitz (@GPSchmitz) den Podcast „Bayern-Versteher“. Je-den Freitag bis zur Landtagswahl sprechen Redakteure mit wech-selnden Gästen und Experten „über alles, was Bayern bewegt“. Außerdem gibt es einen „Daten- Check mit jeweils einer exklusi-ven Umfrage des Meinungsfor-schungsinstituts Civey“ (bjvlink.de/bayernversteher). Wie bereits einige andere Chefredakteure schreibt Schmitz seit Mitte Mai von Montag bis Freitag um 6 Uhr einen eigenen Newsletter mit den sechs wichtigsten Themen des Tages aus seiner Zeitung: „SECHS UM 6“ (bjvlink.de/sechs). Her mit den InspirationenWer feine Sachen machen will, muss sich gut informieren, das klingt banal; immer wieder hat es sich bei mir nach 25 Jahren Netz-nutzung als lohnend erwiesen, sich von Kollegen inspirieren zu lassen. DJS-Schülerin Katharina BJVreport 3/20186VerbandAls „atmosphärisch dicht, von beeindrucken-der Authentizität“ beschreibt die Jury Thilo Schmidts Hörfunk-Feature „Grundgesetz Arti kel 5, Satz 1 – Rechtspopulismus und Presse freiheit“. Beim vom BJV bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb zum Tag der Pressefreiheit erhielt der freie Berliner Hör-funk-Journalist für seinen knapp 25-minüti-gen Beitrag in der SWR2-Reihe „Tandem“ den ersten Preis. Ein Gespräch mit dem 42-Jährigen über den Beitrag, der beschreibt, wie die Arbeit von Journalisten bei Pegi-da-Veranstaltungen durch verbale und ge-walttätige Übergriffe behindert wird.„Rechtspopulismus und Pressefreiheit“ – wie sind Sie auf das Thema gekommen?Thilo Schmidt: Themen wie Rechtspopu-lismus, Integration sowie im Extrem Rechts-extremismus und Fremdenfeindlichkeit wa-ren schon immer Teil meines Portfolios. Die Idee zum Beitrag hatte SWR-Redakteurin Ka-rin Hutzler. Sie hatte zum „Tag der Pressefrei-heit“ 2017 eine Reihe entwickelt, die Presse-freiheit in verschiedenen Ländern beleuchten sollte. Als Abschluss sollte es um Deutschland gehen. Ich sagte sofort, dass ich das machen will. Wir Journalisten stehen unter hohem Druck, spätestens seit dem Erstarken von Pe-gida. Da ist etwas sichtbar geworden, das viel-leicht schon lang da war, sich aber inzwischen in der härtesten Form artikuliert. Es war mir klar, dass ich die Bedrohung der Pressefrei-heit nicht durch staatliche Autoritäten, son-dern von unten abbilden will. Ich wollte Ein-schränkungen zeigen, die wir durch die erleben, für die wir senden und schreiben. Sie hatten vorher auch schon von Neonazi-De-monstrationen berichtet, wurden angepöbelt und bedroht. Sie wussten also eigentlich, was auf Sie zukommen kann …Im Prinzip schon. Aber ich hätte nicht er-wartet, dass es so extrem kommt. Ich wollte bei der Demonstration am 20. Februar in Dresden am Rand stehen, beobachten, Sprechchöre aufnehmen und mit Kollegen re-den. Ich hätte nicht gedacht, dass ich als Be-obachter selbst zur Zielscheibe werde. Der Vorfall wird in der „Nahaufnahme Deutschland“ von „Reporter ohne Grenzen“ er-wähnt. Dort steht: „Bei einer Pegida-De mons-tra tion im Februar rammte ein Mann einem SWR-Journalisten den Ellbogen in die Rippen. Ein weiterer Demonstrant habe versucht, ihm das Mikro wegzunehmen.“ Wie fühlten Sie sich? Anfangs fand vor dem Hauptbahnhof eine Kundgebung statt. Sehr viele Menschen stan-den sehr dicht gedrängt und lauschten den Rednern. Ich stand mit dem Mikrofon mit-tendrin, aber der Fokus der Demonstranten war auf die Bühne gerichtet. Zwar ist bei solchen Geschichten immer ein latentes Un-wohlsein dabei, doch an sich war die Situa-tion ok. Heikel wurde es erst, als der Pulk nicht mehr so geschlossen war und sich tau-sende Menschen auf der Demonstrationsrou-te verteilten. Als Anlass für die Aggression reichte aus, dass ich jetzt mit dem Mikrofon am Rande mitlief. Man wollte wissen, von welcher Scheißpresse ich komme. Irgend-wann kam der Ruf: Pack Dein Zeug und ver-schwinde! Der Schlag, der mich seitlich mit dem Ellbogen erwischte, kam von hinten. Das hatte ich nicht erwartet und es hat mich ziemlich schockiert. Es war kein Polizist in der Nähe. Es gab sicher Dutzende Zeugen dieses Vorfalls, aber keiner half. Das Gefühl, allein zu sein, war sehr unangenehm. Mir war klar, dass der Abend für mich nun zu Ende ist und ich nach Hause fahre. Sie fragen immer wieder nach, während man Sie beschimpft. Genauso gut hätten Sie die Konfrontation vermeiden können …In den meisten Fällen suchten die De-monstranten das Gespräch, aber nicht auf-grund eines ernsthaften Interesses, sondern um klar zu zeigen, wo man mich verortet, nämlich im Kartell einer gleichgeschalteten Regierungspresse. Nur in einem Fall habe ich aktiv das Gespräch gesucht. Ein Demonstrant trug ein Schild mit der Aufschrift „Lügen-presse“ – und ich wollte wirklich wissen, wel-che Motivation dahintersteht. Warum platzieren Sie den Bezug auf Artikel 5 im Grundgesetz so prominent im Titel?Titeln ist ja immer das Schwierigste, also habe ich mich auf den Kern der Geschichte fokussiert. Für mich ist mit dem Grundge-setzartikel alles gesagt. Allgemein würde es heute in so vielen Lebenslagen helfen, einfach mal einen Blick ins Grundgesetz zu werfen. Es ist letztlich das Manifest, das uns als Ge-sellschaft ausmacht und leitet. Das allerdings scheint heute nicht mehr so fest im Bewusst-sein verankert zu sein. Hier kann Thilo Schmidts Hörfunk-Feature angehört werden: bjvlink.de/artikel5Erst Beobachter, dann ZielscheibeJournalist Thilo Schmidt erhält für sein Hörfunk-Feature über Rechtspopulismus und Pressefreiheit den ersten Preis beim BJV-Wettbewerb zum Tag der Pressefreiheit Von Michaela SchneiderAuszug aus dem Juryurteil„Thilo Schmidt hat die Gefährdung des Artikels 5 Grundgesetz auf emotional ergreifende Weise umgesetzt. Man will dem Autor zur Seite springen, um mit ihm gemeinsam – oder auch gegen andere – für diesen Wert, für diese Überzeugung einzutreten. Selbst das Aggressionspotenzial wächst beim Zuhören. Ein tolles Radio-Feature.“Thilo Schmidt bei der Preisverleihung in München. Foto: Sachelle BabbarBJVreport 3/20187Verband2. Platz für den Artikel „Influencer in Uniform. Wenn die Exekutive viral geht“ vom 5. Märzfür Marie Bröckling, Alexander Fanta, Luca Hammer und Markus Reuter von Netzpolitik.orgIn Deutschland sind heute mehr als 100 Polizeien rund um die Uhr auf Twitter aktiv, ermittelte ein Team von Netzpolitik.org. In einer Datenanalyse untersuchten sie rund 163.000 Tweets und nahmen die digitale Behördenarbeit unter die Lupe. Die Journalisten beleuchteten, wie die deutsche Exekutive viral agiert. „Der Beitrag zeigt eindrucksvoll, wie die umfangreiche Pressearbeit von Polizeibehörden bei Twitter die journalistische Unabhängigkeit gefährden kann. Eine aufwendi-ge, vielseitige Recherche und eine akribische Auswertung der Daten durch die Redaktion bilden die Grundlage dafür. Die Arbeit zeigt zudem in vorbildlicher Weise, wie guter Datenjournalismus heute aussehen muss“, begründete die Jury ihre Entscheidung. Netzpolitik.org bezeichnet sich als Plattform für digitale Freiheitsrechte. „Wir thematisieren die wichtigen Fragestellungen rund um Internet, Gesellschaft und Politik und zeigen Wege auf, wie man sich auch selbst mithilfe des Netzes für digitale Freiheiten und Offenheit engagieren kann“, heißt es auf der Internetseite. Nachzulesen ist der Artikel „Influencer in Uniform“ unter bjvlink.de/polizei-viral.3. Platz für den Artikel „Der Angriff des Spekulanten“ vom 15. Februar Moritz Aisslinger, Redakteur im Ressort ZEIT Politik, DIE ZEIT Den dritten Platz vergab der BJV in diesem Jahr an den Zeit-Journalisten Moritz Aisslinger aus Berlin für seine Reportage „Der Angriff des Spekulan-ten“. Darin beschreibt er den Fall eines Geschäftsmanns, der die Süddeutsche Zeitung und zwei ihrer Redakteure auf 78 Millionen Schadenersatz verklagt hat, weil durch deren Berichterstattung ein angeblicher Deal geplatzt sei. Die Jury ur-teilte: „Moritz Aisslinger ist es mit seiner Reportage ,Der Angriff des Spekulanten‘ gelungen, die Tragweite des Falles hautnah und packend zu schildern. Da wird von einem mächtigen Spekulan-ten versucht, investigativen Journalismus auf juristischem Weg zu verhindern und die Kollegen mit einer sehr hohen Geldforderung einzuschüchtern. Hier steht sehr viel – über den konkreten Fall hinaus – auf dem Spiel. Nicht weniger als die Glaubhaftigkeit des Journalismus.“ „Der Angriff des Spekulanten“ kann online nachgelesen werden unter bjvlink.de/spekulant.Alexander Fanta (Mitte) erhält als Stellvertreter des Netzpolitik.org-Teams den zweiten Preis durch Thomas Morawski (rechts) überreicht. Foto: Sachelle BabbarÜbergabe des dritten Preises (dotiert mit 250 Euro) an Moritz Aisslinger (rechts im Bild) durch Michael Rediske (Mitte) und Michael Busch. Foto: Sachelle BabbarMichael Busch (ganz links) mit dem Team von „Neue Heimat“ (von links): Korbinian Eisenberger, Mohamad Alkhalaf, Olaleye Akintola und Nasrullah Noori. Lilian Ikulumet war bei der Preisverleihung verhindert. Foto: Sachelle BabbarLobende Erwähnung für die SZ-Reihe „Neue Heimat“Korbinian Eisenberger, Redakteur der Süddeutsche Zeitung in Ebersberg, und sein Team mit Lilian Ikulumet, Olaleye Akintola, Mohamad Alkhalaf und Nasrullah NooriEine lobende Erwähnung sprachen die Juroren für Korbinian Eisenberger und das SZ-Team „Neue Heimat“ aus. Die seit 1. Juli 2016 immer freitags erscheinende Kolumne gibt vier Exil-Journalisten eine Stimme. „Lilian Ikulumet, Olaleye Akintola, Mohamad Alkhalaf und Nasrullah Noori mussten wegen ihrer Arbeit als Journalisten flüchten, wurden wegen ihrer Texte bedroht und mussten um ihr Leben fürchten. In Bayern und bei der SZ haben die vier nun Bedingungen, die sie vorher nie kannten: Sie sind frei“, sagt BJV-Vorsitzender Michael Busch bei der Preisverleihung. Die vier Journa-listen schildern in ihren Artikeln ihren neuen Alltag in Deutschland und schreiben über Dinge, die in ihrer alten Heimat nicht existierten oder ganz anders geregelt waren. Oft handelt es sich dabei um ganz einfache Dinge wie Sauna, Geisterbahn oder Autowasch-anlage. „Die „Neue Heimat“ ist ein wichtiger und kreativer Beitrag für die Pressefrei-heit. Hier erhalten Journalisten an exponierter Stelle wieder jene Freiheit der Meinungs-äußerung, die man ihnen in ihren Herkunftsländern verwehrte“, urteilten die Juroren. Hier geht es zu den Artikeln aus der SZ-Reihe „Neue Heimat“: sz.de/neueheimatBJVreport 3/20188VerbandSteht die Pressefreiheit in Europa vor dem Aus? Die Frage stellte der BJV bei einer Podi-umsdiskussion zum „Tag der Pressefreiheit“ im Presseclub München und blickte auf Re-pressalien für Journalisten in Ankara, Buda-pest und Warschau. Auf dem Podium disku-„Parallelen zur Türkei sind erschreckend“Journalisten in Ankara, Budapest und Warschau leiden unter Repressalien und die Pressefreiheit leidet – Drei Ländersteckbriefe Von Michaela SchneiderDiskutierten unter dem Motto „Repressalien für Journalisten in Ankara, Budapest und Warschau – steht die Pressefreiheit vor dem Aus?“ im Münchner Presseclub (von links): Ungarn-Experte Stephan Ozsváth, Michael Rediske von „Reporter ohne Grenzen“, BR-Redakteur Henryk Jarczyk und der freie Journalist und Türkeispezialist Baha Güngör. Fotos: Sachelle BabbarSteckbrief UngarnRangliste der Pressefreiheit: Platz 73 (–2 im Vorjahresvergleich)Das schreibt „Reporter ohne Grenzen“: „In Ungarn bestimmt die Regierung von Minister-präsident Viktor Orbán teils mit wörtlich vorgefertigten Stücken die Berichterstattung im staatlichen Rundfunk. Im Sommer 2017 kauften Orbán-freundliche Unternehmer die letzten unabhängigen Regionalzeitungen auf.“Diese Details berichtet Experte Stephan Ozsváth: –„Die meisten Medien in Ungarn pfeifen das Lied Viktor Orbáns“: Der Anzeigenmarkt und fast die gesamt Regionalprintszene befin-den sich in der Hand regierungsnaher Oli-garchen. Zugang zu alternativen Medien zu bekommen, werde immer schwieriger. –Journalisten sollen „ausgewogen berichten“ und die „menschliche Würde“ nicht verlet-DJS-Aktion zum „Tag der Pressefreiheit“Am „Tag der Pressefreiheit“ gingen Alumni der Deutschen Journalistenschule (DJS) an ihre alten Schulen, um mit Jugendlichen über Journalismus zu diskutieren. Auf dem Blog der DJS berichten beteiligte Journalisten, was sie beim Besuch ihrer ehemaligen Schulen erlebten. Auch BJV-Beisitzer Ulf J. Froitzheim machte mit. Mehr unter bjvlink.de/djs2018.zen, sonst Drohen Strafen – schwammige Formulierungen, die zu Selbstzensur führen. –Mit Orbáns Mediengesetz wurden die öffent-lich-rechtlichen Sender gleichgeschaltet. Den Medienrat habe der Premier gleich über zwei Legislaturperioden auf neun Jahre besetzt – und damit vorgesorgt für den Fall einer Abwahl. –„Die gesamte Bevölkerung wird permanent im Wahlkampfmodus gehalten“: Eine Tren-nung von Nachricht und Regierungspro-gramm gebe es nicht mehr, alles verschwim-me. Quellen bestätigten, dass es genaue Guidelines gebe, wie Berichte auszusehen haben – angefangen beim Aufbau bis hin zu Begriffen, die im Text vorkommen sollen. –Um die 1000 Journalisten seien entlassen tierten Henryk Jarczyk, außenpolitischer Redakteur beim Bayerischen Rundfunk und selbst in Polen geboren, der freie Journalist und Autor des Buchs „Atatürks wütende Enkel“ Baha Güngör, der deutsch-ungarische Journalist und Korrespondent Stephan worden – oder „auf die elegantere Art“ liefen Verträge aus. –Mehr als 30 Journalisten seien in Ungarn mit einem Parlamentsbann belegt, weil sie den Abgeordneten Fragen gestellt hätten. –Es würden Listen von Journalisten veröffent-licht, um sie an den Pranger zu stellen. „Freundlich gesinnte“ Medien würden bei Pressekonferenzen bevorzugt. –Medien würden über Lizenzen von manch-mal nur sechs Wochen gesteuert. –Und kritische Medien im Online-Bereich? Die gebe es, aber auf dem Land sei ein Inter-netanschluss teuer. Ozsváths Rat: „Schreiben Sie doch mal der CSU! Das ist der Bremsklotz in der EU, wenn es um Pressefreiheit in Ungarn geht.“Ozsváth, Autor des im Herbst 2017 erschie-nenen Buchs „Puszta-Populismus: Viktor Or-bán – ein europäischer Störfall?“, sowie Mi-chael Rediske, geschäftsführender Vorstand der Reporter ohne Grenzen. Mehr auch unter bjvlink.de/pressefreiheit2018.BJVreport 3/20189VerbandSchickte per Videobotschaft zum „Tag der Pressefreiheit“ ein Grußwort an den BJV: Can Dündar, Chefredakteur der zweisprachigen journalistischen Plattform Özgürüz. „Lasst die Welt unsere Worte der Freiheit hören“, forderte er die bayerischen Kollegen auf. Angeschaut werden kann der gut zweiminütige Film hier: bjvlink.de/pressefreiheit2018. Foto: Sachelle BabbarSteckbrief TürkeiRangliste der Pressefreiheit: Platz 157 (–2 im Vorjahresvergleich)Das schreibt „Reporter ohne Grenzen“: „In der Türkei sitzen mehr professionelle Journalisten im Gefängnis als in jedem anderen Land der Welt. Dutzende stehen in Massenprozessen vor Gericht und müssen sich als vermeintliche Mittäter des Putschversuchs von 2016 oder wegen Terrorvorwürfen verantworten. Die ersten von ihnen wurden bereits zu langjähri-gen Haftstrafen verurteilt. Der Rechtsstaat ist in der Türkei nur noch Fassade: Selbst Urteile des Verfassungsgerichts zugunsten inhaftier-ter Journalisten werden nicht verlässlich um-gesetzt.“Das sagt Journalist Baha Güngör: –„Früher wurde man rausgeschmissen in der Türkei, heute wird man reingeschmissen, nämlich in die Gefängnisse“: Zwischen 140 und 160 Journalisten seien wohl inhaftiert. Eine genaue Zahl sei schwer zu sagen, viel-fach gebe es keine Anklageschrift. –Inzwischen beherrscht Präsident Recep Tayyip Erdog˘an 85 bis 90 Prozent aller Medien in der Türkei. Rund 1000 Journalis-ten seien entlassen worden und hätten Job und Akkreditierung verloren. Artikel er-Steckbrief PolenRangliste der Pressefreiheit: Platz 58 (–4 im Vorjahresvergleich)Das schreibt „Reporter ohne Grenzen“: „Die national-konservative Regierung hat nach ihrem Amtsantritt Ende 2015 den öffentlichen Rundfunk unter ihre Kontrolle gebracht. Regie-rungskritische private Medien stehen eben-falls stark unter Druck. Schlagzeilen machte das Land zuletzt etwa durch ein problemati-sches Gesetz zu Äußerungen über den Ho-locaust sowie durch den Versuch des Nationa-len Rundfunkrats, den Nachrichtensender TVN24 für seine Berichterstattung über De-monstrationen der Opposition mit einer Re-kord-Geldstrafe zu belegen.“Diese Details berichtet BR-Redakteur Henryk Jarczyk: –„Die Parallelen zur Türkei sind heute er-schreckend.“ In den Gefängnissen sitze zwar noch keiner. Aber Jarczyk fragt sich, wie lange das noch der Fall sein wird. Einem neu erlassenen Gesetz zufolge drohen künf-tig bis zu drei Jahre Gefängnis, schreibt man Polen eine Mitverantwortung für die vom nationalsozialistischen Deutschland began-genen Verbrechen zu oder bezeichnet die von Deutschen während des Zweiten Welt-kriegs im besetzten Polen betriebenen Vernichtungslager als polnische Vernich-tungslager. –Gewaltandrohung auf Demonstrationen hat Jarczyk selbst schon erlebt. –Kontrollorgane des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die eigentlich auf Objektivität achten sollten, sorgten inzwischen dafür, dass bestimmte Dinge in Rundfunk und Fernsehen nicht gesagt werden. –Um „unliebsame Journalisten“ im öffent-lich-rechtlichen Rundfunk loszuwerden, werde gern über Gehälter Druck ausgeübt. Die freien Posten würden dann mit regie-rungstreuen Journalisten besetzt. –Noch ein beliebtes Druckmittel: In privaten Medien, die regierungskritisch berichten, würden keine Anzeigen mehr geschaltet. Dass bis dato keine Verlage schließen muss-ten, liege einzig daran, dass sie vom Aus-land unterstützt würden. –Gerichte verhängen nach Strafanzeigen nicht selten hohe Strafen gegen Journalis-ten. Jarczyks Rat: Das Problem sei, kaum einer protestiere bislang gegen die Gleichschaltung der Presse. Den Menschen scheine egal zu sein, was im Land passiert. Das spiegelt sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung wider. „Solidarno´s´c geschah, weil es den Leuten schlecht ging. Wir können im Moment in Polen nur darauf warten, dass sich wieder eine solche Vereinigung zusammentut“, sagt Jarczyk. Von einem stärkeren Einmischen der EU hält er wenig, eine Revolution müsse von innen kommen.scheinen häufig in verschiedenen Medien nahezu wortgleich. –In der Türkei verteilten nicht Verbände oder Gewerkschaften Presseausweise, sondern der Staat. Dabei selektiere dieser nach seinen Vorstellungen. –„Denunzianten sind inzwischen die zweit-größte Gefahr für Journalisten“: Ein hohes Risiko gehe auch von der aufgehetzten Öffentlichkeit aus. –Für Journalisten, die vom Ausland aus tür-keikritisch berichteten, seien Anfeindungen und Hassmails an der Tagesordnung. Das weiß Baha Güngör aus eigener Erfahrung. Selbstzensur als Eigenschutz sei aus seiner Sicht jedoch nicht nötig, wenn man als Journalist sauber und einwandfrei arbeite. Kritisieren und ärgern ja, beleidigen nein, empfiehlt er.Güngörs Rat: Eine kontinuierliche Berichter-stattung über die Situation türkischer Kolle-gen. „Die Presse in der Türkei ist auch deshalb weit unten, weil wir uns immer wieder nicht gekümmert haben. Deniz Yücel ist frei – und wer schreibt jetzt noch über die Journalisten in den Gefängnissen?“, kritisiert er.Next >