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BJV-Landesvorstand

Packendes Plädoyer für den Journalismus und den Dokfilm

Kinopremiere von „Hinter den Schlagzeilen“ mit den SZ-Journalisten Frederik Obermaier und Bastian Obermayer

München, 13.09.2021

+++ Update 17.08.2023: Die Dokumentation „Hinter den Schlagzeilen“ kann ab sofort auch über Vimeo gestreamt werden (Ausleihe 6 Euro).

Trotz Corona, dem zweiten Wahltriell und bestem Biergartenwetter konnten sich die Beteiligten am Sonntagabend bei der Premiere des Dokumentarfilms „Hinter den Schlagzeilen“ (Trailer) über einen fast ausverkauften Saal im Münchner City Kino freuen.

Nach der 90-minütigen Vorstellung diskutierten Regisseur Daniel Andreas Sager, die beiden Journalisten Frederik Obermaier und Bastian Obermayer von der Süddeutschen Zeitung, sowie der BJV-Vorsitzende Michael Busch über den Film und den Journalismus. Joachim Kühn vom RFF Real Fiction Filmverleih moderierte die Gesprächsrunde. Der Film dokumentiert vor allem die Recherchearbeit der SZ-Kolleg*innen bei der „Ibiza-Affäre“.

Journalisten als Protagonisten
Die beiden Investigativ-Journalisten mussten für das Filmprojekt einen Rollenwechsel vornehmen, im Film agierten sie als die Informanten. „Jetzt kann ich’s ja sagen“, berichtete Frederik Obermaier, „bei uns war sehr große Skepsis vorher da – wie soll das funktionieren, dass wir unsere Quellen geheim halten, vertraulich reden und gleichzeitig ist da ein Filmteam dabei?“. Es funktionierte.

Der Dokumentarfilmer und Journalist Daniel Andreas Sager konnte die SZ-Kollegen „mit viel Überzeugungsarbeit“ als Protagonisten für sein Projekt gewinnen. Die Journalisten hatten mit ihm ausgehandelt, dass sie das Filmmaterial noch mal sehen durften.

Harter Kampf für den Dokumentarfilmer
Zwischen dem Filmer und den SZ-Leuten entwickelte sich mit der Zeit ein Vertrauensverhältnis, irgendwann merkten sie gar nicht mehr, dass ein Filmteam ihre Arbeit begleitete, sagte Obermaier. Es sei ein „langer Prozess der Annäherung und des aneinander Gewöhnens gewesen“, das sei aber bei Dokumentarfilmen üblich, schildert Sager seine Erfahrungen. Es sei „ein harter Kampf“ gewesen und zwischendrin habe man auch mal Phasen erlebt, in welchen er äußerte: „Ich kann den Film so nicht machen“.

Neben einigen Gesprächen mit den beiden Hauptprotagonisten habe es dem Dokumentarfilmer auch geholfen, „dass wir parallel zu den Dreharbeiten im Schnitt waren. Ich konnte immer sehen, was für Szenen habe ich, was fehlt noch um die Geschichte erzählen zu können“. 400 Stunden Material entstanden in der zweijährigen Produktionszeit.

Bastian Obermayer erwähnt, dass es auch schwierig gewesen sei, dass noch einige andere SZ-Kolleg*innen bei ihrer Arbeit von einem Filmteam beobachtet wurden. „Wir konnten nicht nur an uns denken“: Nicht jedem Kollegen sei es beispielsweise recht gewesen, in einem Film zu erscheinen; problematisch empfand er es auch, wenn er und Frederik Obermaier sich mit dem Chefredakteur besprachen und das Filmteam dabei war. Immerhin 15 bis 20 Kolleg*innen seien bei der Aufbereitung der Ibiza-Affäre beteiligt gewesen.

Heikel gestaltete sich die Filmdokumentation auch beim Interview mit Edward Snowden in Moskau. „Da hatte Daniel sehr viel Glück und auch die nötige Dreistigkeit“, erzählte Obermayer. Es sei ja ursprünglich nur ein Print-Interview mit dem Whistleblower geplant gewesen, welches mühsam über Anwälte und Mittelsmänner arrangiert werden musste. So einen Termin gewähre Snowden nicht jedem Medium – und dann komme man noch mit dem Anliegen: „Ach, übrigens wir hätten da noch ein Fernsehteam dabei …“. Hier zahlte sich wiederum Sagers Hartnäckigkeit aus, nicht nur die Szenen mit Snowden wirken auf den Betrachter äußerst spannend.

Beleg für die Systemrelevanz des Journalismus
BJV-Vorsitzender Michael Busch lobte den Film: „Er untermauert die Bedeutung des Journalismus, er ist unheimlich facettenreich und spricht die unterschiedlichsten Dinge an“. Zudem sei er spannend wie ein „Tatort“. Busch, der seit wenigen Tagen als Verantwortlicher für die Volontärsausbildung beim Fränkischen Tag agiert, folgerte, dass der Film in die journalistische Ausbildung gehöre.

Viel mehr über das journalistische Arbeiten erklären
Ein Zuschauer, der sich als Medienkonsument beschrieb, sagte in einem Wortbeitrag, dass er durch den Film erst erkannt habe, wie aufwändig und schwierig die Recherchearbeit für die Journalisten sei. Obermayer knüpfte an diesen Beitrag an: Bei der Süddeutschen Zeitung habe man viele Jahre das Mantra vertreten „Wir wollen die Welt aber nicht uns selbst erklären. Wir müssen aber genau das Gegenteil machen: Wir müssen viel mehr erklären, was und wie wir etwas machen – und darum ist es in diesem Film gegangen“. Busch stimmte dem Kollegen zu: „Wir brauchen sehr viel Öffentlichkeit“.

Bei dem Projekt hätten sich mit dem Investigativjournalismus und dem Dokumentarfilm „zwei eminent wichtige Formen getroffen, über politisch-gesellschaftlich Dinge zu berichten“, resümierte Produzent Joachim Kühn und unterstrich Buschs Forderung, dass der Film auch in der journalistischen Ausbildung vorkommen sollte.

„Hinter den Schlagzeilen“ ist ab 16. September in einigen deutschen Kinos zu sehen.

Thomas Mrazek

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