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Porträtbild Lars Radau während der Zoom-Sitzung
Lars Radau arbeitete jahrelang als Wirtschaftsjournalist. Seit vorigem August ist er Geschäftsführer des DJV-Landesverbands Sachsen
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Screenshot Michaela Schneider

Fachgruppe Freie

„Wenn man es so will, ist alles Wirtschaft“

DJV-Kollege Lars Radau berichtete über seine Arbeit als freier Wirtschaftsjournalist

München, 23.06.2021

„Alles ist Wirtschaft, alles ist ein Thema“: So lautete Lars Radaus Credo am Ende der jüngsten FREIstunde der Fachgruppe freie Journalistinnen und Journalisten im BJV. Radau, der seit vergangenem August Geschäftsführer des DJV-Landesverbands Sachsen ist, hatte zuvor viele Jahre als freier Wirtschafts- und Medienjournalist für diverse sächsische und überregionale Medien gearbeitet, unter anderem auch als fester Freier für die Wirtschaftsredaktionen von Leipziger Volkszeitung und Sächsischer Zeitung. Nun berichtete er über seine einstigen Erfahrungen.

Themen aus anderen Perspektiven aufbereiten
Dass der Kreis der bayerischen Interessierten überschaubar blieb, mag wohl auch daran liegen, dass sich selbst viele Freie mit dem berühmten „Bauchladen“ ohne entsprechendes Fachwissen nicht an die harten Wirtschaftsthemen wagen.

Und eben hier machte Lars Radau Mut, sich immer auch zu überlegen, ob sich ein Thema aus einer anderen Perspektive nicht zusätzlich für Wirtschaftsredaktionen aufbereiten ließe, Stichwort Mehrfachverwertung.

Man sehe, wo etwas schief laufe
Radau, der ursprünglich aus Schleswig-Holstein stammt, kam seinerzeit übers Journalistikstudium nach Leipzig. Ins Studium integriert war ein Volontariat bei der Leipziger Volkszeitung. Schon damals, erzählte der Journalist, habe es ihm in der Wirtschaftsredaktion am besten gefallen, weil man mit Menschen und Zahlen zu tun habe, weil man die Dinge relativ schnell wachsen sehe – und ebenso sehe, wo etwas schief laufe.

Damals sprach er nicht gern darüber, heute macht der Geschäftsführer des DJV-Landesverbands Sachsen keinen Hehl daraus: Er sei in den Anfangsjahren ein klassischer Scheinselbstständiger gewesen. „Später habe ich dann als Wirtschaftsjournalist auch bei anderen Firmen gesehen, dass Arbeitsverträge oft eher dem Wohl des Arbeitgebers dienen“, fügte er an.

Mehr Geld, Verlust an Flexibilität
2009 zog Lars Radau nach Dresden und arbeitete später im Rahmen einer Elternzeitvertretung auch anderthalb Jahre als festangestellter Wirtschaftsredakteur. Das Gehalt war höher als das Freienhonorar. Er habe aber gemerkt, dass man in der Festanstellung bequem werde. Radau stellte für sich persönlich fest: „Der Verlust an Flexibilität wird durch Geld nicht aufgewogen.“

Welche praktischen Tipps aber hat er im Rückblick für Freiberufler*innen, die als Wirtschaftsjournalist*innen aktiv werden wollen? Man könne Themen regional begrenzt spielen, man könne versuchen, Themen bundesweit auszuspielen, man könne sich Fachzeitschriften suchen. Radau selbst machte alles: Neben den genannten Regionalzeitungen arbeitete er unter anderem auch für stern.de, Tagesspiegel, die VDI-Nachrichten sowie für diverse Publikationen der Münchner Going Public Media AG wie das VentureCapital-Magazin.

„Eine Nische, die mich gefunden hat“
Unter anderem beschäftigte er sich intensiv mit der Finanzierung von Firmen – und fand für seine „Wirtschafts- und Finanzierungsgeschichten mit Nutzwert“ vor allem auch Abnehmer im Bereich Fachmagazine. Zielgruppe: Andere Firmen, die sich abschauen konnten, wie man etwa Eigenkapital erhöht oder Kreditlinien verlängert. Radau spricht in dem Zusammenhang von einer „Nische, die mich gefunden hat“.

Für die Sächsische Zeitung schrieb Radau für die verlagseigene Zeitschrift Wirtschaft in Sachsen vor allem auch „schöne Lesegeschichten“ wie Unternehmerporträts und konnte, wie er selbst sagt, „Menschen und ihre Themen zeigen ohne jede Verknüpfung mit Werbung“. Zusätzlich bespielte er fast drei Jahre lang für die Redaktionen einen eigenen Wirtschaftsnewsletter, der „als Traffic-Bringer gut funktionierte“.

Das A und O: Die Mehrfachverwertung
„Als Freier ist das A und O: Wenn man sich großen Aufwand macht, sollte man eine Geschichte nicht nur einem verkaufen“, verwies Radau auch auf die Bedeutung einer Mehrfachverwertung. Gut gelang dies etwa, als er vor grob 15 Jahren über Adidas-Turnschuhe schrieb, in die Elektronik und ein Schrittzähler eingebaut waren.

Dann allerdings kam die Frage auf, ob der Schuh nun eigentlich nach seiner Lebenszeit als Elektroschrott oder Hausmüll zu entsorgen sei. Das Thema ging vor Gericht – und Radau gelang es, es längst nicht nur an Wirtschaftsredaktionen, sondern etwa auch an stern.de und andere zu verkaufen.

Die Sicht der Konsument*innen
Doch nicht nur Kuriositäten wie diese interessieren ein breites Publikum, darauf machte auch eine FREIstunden-Teilnehmerin aufmerksam: „Wirtschaft kann für uns alle total spannend sein, weil wir Produkte einkaufen, Ich will als Konsumentin wissen, wo diese produziert werden, ob Gentechnik drinsteckt oder nicht und wo betrogen betrieben wird.“ Damit stieß sie bei Lars Radau auf offene Ohren: „Wenn man es so will, ist alles Wirtschaft.“

„Wirtschaft hat immer auch mit Menschen zu tun“
Und eine mindestens ebenso wichtige Erkenntnis des Abends: Wirtschaftsjournalismus sei viel, viel mehr als Zahlen und Bilanzen. „Im Wirtschaftsjournalismus geht es immer auch um Erklären und Aufklären. Und Wirtschaft hat immer auch mit Menschen zu tun“, betonte der einstige freie Journalist.

Michaela Schneider

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FREIstunde

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