Natalie Amiri bedankt sich für die besondere Würdigung ihrer Arbeit
Foto: Thomas Witzgall

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Natalie Amiri erhält Publizistikpreis der Stadt München

Die Journalistin biete „Qualitätsjournalismus im besten Sinne“

München, 27.07.2022

Im Rahmen einer Feierstunde wurde am Dienstagabend der mit 10.000 Euro dotierte Publizistikpreis der Stadt München an die Journalistin Natalie Amiri überreicht.

Die Jury würdigte die kenntnisreiche Berichterstattung der in München geborenen deutsch-iranischen Journalistin aus Ländern wie dem Iran, Irak und Afghanistan. Von 2015 bis 2020 leitete sie das ARD-Studio in Teheran, musste diese Aufgabe allerdings wegen Sicherheitsbedenken abgeben. Sie berichtete regelmäßig für den ARD-„Weltspiegel“, den sie derzeit auch moderiert.

Ihre Reportagen gingen über den Bericht bloßen Regierungshandelns deutlich hinaus, sondern geben tiefe und nahe Einblicke in die Lebenswelt der dort lebenden Menschen mit vielen Facetten. Als Frau hat sie anders als männliche Kollegen in den diktatorisch geprägten Staaten auch Zugang zum weiblichen Teil der Bevölkerung. Ihre Berichte gewinnen dadurch noch mal deutlich an Tiefe, sagte die Jury. Ihr Buch „Zwischen den Welten“ über ihre Erfahrungen im Iran wurde 2021 zum Bestseller. Amiris Arbeit zeichne sich bei aller journalistischen Objektivität durch eine besondere Nahbarkeit aus.

Auch die Laudatorin, die langjährige Russlandkorrespondentin und Leiterin des ARD-Studios in Moskau, Gabriele Krone-Schmalz, adelte die Arbeit der Preisträgerin mit dem Prädikat „Qualitätsjournalismus im besten Sinne“.

Amiri erkläre Politik unglaublich gut, ohne der häufigen Versuchung zu verfallen, selbst Politik zu machen. Ihre Reportagen brechen den monolithischen Blick auf, den gerade die westliche Welt von Gesellschaften im Iran, Syrien oder Afghanistan hätten. Erst wenn verstanden werde, dass „Wahrheit oft nur eine Frage des Blickwinkels“ wäre und die anderslautende Meinung des Gegenübers als legitim anerkannt werde, sei ein demokratischer Austausch möglich.

Krone-Schmalz erinnerte auch an den „Shitstorm“, als Amiri mit Kopftuch, einem „Instrument der Unterdrückung“, aus dem Iran berichtet hatte. Es hätte wohl den Protagonisten auf beiden Seiten gefallen, wenn die Verantwortlichen eingeknickt wären und anstelle von Amiri „einfach einen Mann“ geschickt hätten.

In Vertretung des Oberbürgermeisters Dieter Reiter führte der Münchner Stadtrat Florian Roth durch die Verleihung. Die Stadt zeichnet mit dem alle drei Jahre vergebenen Publizistikpreis herausragende publizistische Gesamtleistung in Wort, Ton und/oder Bild aus.

Musikalisch umrahmt wurde der Abend im Literaturhaus von der Journalistin Shahrzad Eden Osterer, einer sehr guten Freundin Natalie Amiris. Ihr Auftritt zusammen mit ihrem Bruder Shari setzte auch ein politisches Statement. Sie hatte im Iran heimlich musiziert, weil es Frauen dort verboten ist, zu singen. Es war ihr erster öffentlicher musikalischer Auftritt. Für den BJV nahm Geschäftsführer Dennis Amour an der Preisverleihung teil.

Thomas Witzgall

Weitere Informationen
Interview von Senta Krasser mit Natalie Amiri im BJVreport 4/2019: „Vermitteln, wie extrem gut wir es hier haben“ (PDF)
Eine Reporterin, die die Welt kennt: Seit zehn Jahren berichtet Natalie Amiri für die ARD aus dem Iran, wo es keine Aussicht auf Pressefreiheit und Demokratie gibt.

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