Fachgruppe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Besuch beim Modehaus Wöhrl in Nürnberg
Bericht von
Christine Elbel

Verknöpft mit der Tradition - Das Nürnberger Textilunternehmen im Wandel.
Das Modehaus Wöhrl, ein Traditions- und Familienunternehmen im Herzen von Nürnberg, ist ein Paradebeispiel für die Art von Transformation, die viele Einzelhändler heutzutage durchlaufen müssen, um in einer zunehmend ditigalen Welt weiterhin relevant zu bleiben.
Auf Einladung von Thomas Weckerlein, CEO bei Wöhrl, sind Mitglieder der Fachgruppe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und des Bezirksverbands Franken-Nordbayern des Bayerischen Journalisten-Verbandes gekommen, um hinter die Kulissen des Modehauses zu schauen - und das erst einmal weit zurück. Denn was im Jahr 1933 als Zwei-Mann-Fachgeschäft begann, hat sich zu einem Modehaus mit Historie entwickelt. Die begann buchstäblich auf der Straße: Dort fand Gründer Rudolf Wöhrl als junger Mann einst einen Knopf. Was zunächst nichts weiter als ein Talisman war, wurde Jahre später zum Markenzeichen. Mit dem Talismann in der Tasche und seiner Frau Berta an seiner Seite, legte er den Grundstein mit dem Modehaus ZETKA, ganze 92 Modejahre später zählt Wöhrl derzeit 28 Standorte mit 1400 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 200 Millionen Euro.
Das faszinierende an Familienunternehmen liegt oft weniger in nüchternen Zahlen oder Bilanzen, sondern in den Geschichten
Es sind Menschen mit Namen, Biografien, Werten, Kämpfen. So gibt es eine Passage aus der Geschichte um 1970 herum, als der damalige Hans Rudolf Wöhrl das Geschäft seines Vaters übernahm und es auf ein neues Level hob. Er entschied früh, mehr auf Premium-Marken zu setzen und das Sortiment exklusiver zu gestalten, was oft auf Ablehnung sowohl bei den Mitbewerbern, als auch bei der Kundschaft stieß, die weiterhin an alten Konzepten hingen. Doch seine Vision und sein Gespür für Trends machten sich bezahlt. Zudem war der Junior bekannt dafür, sich zwar von der Pariser Modewelt inspirieren zu lassen, dabei aber den regionalen Blick nicht zu verlieren.
Tradition-Innovation: Die stationäre Präsenz von Wöhrl
Damals, wie heute gilt: Wöhrl steht für Verantwortung. Das wird deutlich, als Christian Greiner, Eigentümer und Enkel des Gründers, bei der Eröffnung des Neubaus 2022 betont: "Man kann viel bauen, Böden streichen, Produkte einkaufen - das Herz schlägt mit den Mitarbeitern, die hier leben und arbeiten". Auf rund 6000 Quadratmetern, bodentiefen Fenstern, die viel Licht ins Innere lassen, war die Anpassung des neuen Gebäudes an das bereits bestehende am Nürnberger Ludwigsplatz ein bedeutendes Projekt. Es gehört zu den markantesten Bauvorhaben der Nürnberger Innenstadt in den letzten Jahren. Thomas Weckerlein findet dazu einen Vergleich: „Wie Gallien in den Asterix-Comics stellen wir uns als Einzelhandelsgeschäft gegen das Ladensterben in der Nürnberger Innenstadt.“ Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König beschreibt es als "Das fränkische KDW - Kaufhaus der Wöhrls".
Die Aufrüstung mit einer Investition von etwa 36 Millionen Euro fand 2019 mit dem Abriss vom alten Gebäudeteil des Haupthauses in der Fußgängerzone statt. Weitere bauliche Maßnahmen waren schon vor der Pandemie finanziell und materiell unter Dach und Fach. Das Invest hat sich wohl gelohnt - viele Stammkunden kommen weiterhin und auch junge Kunden nutzen neue Angebote, gerade die nachhaltige Mode im 'U-1-Bereich'. Das Konzept dazu führte Christian Greiner 2017 ein, nachdem er über Stationen in Einkauf und Vertrieb im Elternhaus zunächst in den USA studierte, um nach ein paar Umwegen im Jahr 2010 an die Spitze des Modehändlers Ludwig Beck in München aufzurücken. Sieben Jahre später übernimmt er die Unternehmensgruppe Wöhrl.
Die Kommunikation des Modehauses im digitalen Zeitalter
Wöhrl findet sich auch im Umgang mit sozialen Netzwerken auf Plattformen, wie Instagram, Facebook und tiktok wieder. Der Fokus wird hierbei nicht nur auf Produkte gelegt, sondern auch auf Lifestyle und das "Erlebnis Mode". Mode wird hier als Ausdruck einer Haltung und nicht nur als Kaufentscheidung vermittelt. Die sozialen Kanäle nutzt das Unternehmen als Schaufenster, das nicht nur Neuheiten aus Kollektionen zeigt, sondern auch Einblicke in die Unternehmenskultur, Events und Inspirationen bietet. Die Challenge für das Haus besteht darin, die Markenidentität und das Exklusivgefühl, das diese auszeichnen soll, im digitalen Raum zu bewahren, ohne dabei abgehoben zu wirken. Das gelingt durch ein ausgewogenes Verhältnis von emotionaler Ansprache und sachlicher Präsentation. Social Media wird hier nicht nur auf reine Produkte reduziert, sondern erzählt Geschichten rund um Mode und von Menschen hinter den Kulissen.
Thomas Weckerlein im Zentrum der Markenstrategie
Ein Schlüssel in der Kommunikation von Wöhrl ist zweifelsohne Thomas Weckerlein. Der smarte Kommunikationschef mit markanter Brille ist ein Typ mit hohem Wiedererkennungswert. Auch oder gerade durch seine Teilnahme bei der RTL-Serie „Undercover Boss“, wo er 2019 verkleidet als Rocker über Deutschlands Bildschirme spazierte. Wie es dazu kam? „Unsere Außenwirkung war seit dem Schutzschirmverfahren im Jahr 2016, um drohende Insolvenz zu vermeiden, angeschlagen. Ziel war es, durch die Serie wieder positive Schlagzeilen in der Presse zu generieren", fasst es Thomas Weckerlein zusammen. Während der 10 Drehtage konnte er aus eigenen Erlebnissen einen Nutzen für das gesamte Unternehmen ziehen. Er merkt, wie wichtig ihm im Umgang miteinander Zuhören und Respekt sind. So ist er also zum einen bestrebt darin, das Markenimage nach außen zu pflegen und gleichzeitig nach innen eine starke Verbindung zu den Mitarbeitenden zu halten, im offenen Dialog.
Der Blick in die Glaskugel: Wo liegt die Zukunft von Wöhrl?
In einer Zeit, in der der Einzelhandel zunehmend von digitalen Trends geprägt wird, stellt sich die natürliche Frage nach der Zukunft des Modehauses. Der Weg des Unternehmens scheint klar: Wöhrl will sich weiterhin als innovative Marke mit starkem Traditionsbewusstsein positionieren, das seine Stärken sowohl im stationären Handel, als auch im Online-Bereich ausbaut.
In Zukunft wird es noch stärker darum gehen, den physischen Store mit hybriden Modellen zu verzahnen. Dabei spielen Influencer eine Rolle, digitale Runways, vielleicht irgendwann virtuelle Umkleidekabinen und Anprobelösungen (die im Brillen- oder Make-up-Bereich schon existieren) und die es technisch ermöglichen, sich von Laufsteg-Looks inspirieren zu lassen und das Einkaufserlebnis noch stärker zu personalisieren.