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Workshop Ljubow Chaikevitch beim FREItag 2020
Referentin Ljubow Chaikevitch sprach über den Weg zu richtig guten Honoraren
Foto: 
Screenshot Michaela Schneider

Fachgruppe Freie

„In Eurem Job verkauft Ihr Eure Lebenszeit“

Tipps für „richtig gute Honorare“ von Verhandlungscoach Ljubow Chaikevitch bei der zweiten FREItags-Runde

München, 17.10.2020

„Nur weil eine Arbeit erfüllend ist, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht angemessen bezahlt sein muss“, gab Ljubow Chaikevitch den Teilnehmer*innen des zweiten digitalen FREItags mit auf den Weg.

Unter dem Stichwort „Besser verhandeln“ sprach die Gründerin und Geschäftsführerin von „Frau verhandelt“ über „den Weg zu richtig guten Honoraren“.

Statt eines FREItags an einem Tag und einem Ort veranstaltet die Fachgruppe freie Journalistinnen und Journalisten im Coronajahr 2020 an vier Freitagnachmittagen im Oktober jeweils zwei aufeinanderfolgende Workshops.

Unter der Fragestellung „Was tun gegen Hass in der Sprache?“ gab die Berliner Journalistin Gilda Sahebi nach dem Verhandlungstraining dann eine Einführung in eine diskriminierungsfreie Berichterstattung. Mehr dazu folgt im BJVreport 06/2020.

In zwei Jahren Tagessätze verzehnfacht
Ljubow Chaikevitch selbst hat es eigenen Angaben zufolge geschafft, innerhalb von nur zwei Jahren ihre eigenen Tagessätze als selbstständige Innovationsberaterin zu verzehnfachen. Ihre Erfahrungen teilt sie nun zudem als Verhandlungscoach in Onlinekursen und Vorträgen, auf Facebook und Instagram.

„Unter 65 bis 70 Euro pro Stunde lohnt sich eine Selbstständigkeit im Vergleich zur Anstellung nicht“, sagte sie – und sorgte damit für einige betroffene Gesichter in der Zoom-Galerie.

Den eigenen Marktwert herausfinden
Für ihre Coachings hat Chaikevitch ein fünfschrittiges System aufgebaut, das sie im digitalen Workshop vorstellte. Im ersten Schritt geht es demnach darum, den eigenen Marktwert herauszufinden. Honorarrichtlinien, etwa auch des DJV, können helfen. Bei Recherchen zu branchenüblichen Gehältern empfahl die Referentin die Plattform Glasdoor.

Für wichtiger als die reine Datenrecherche hält sie es, sich Gehalts- und Honorarvorbilder zu suchen, die in ihrem Bereich erfolgreich sind und sie direkt zu befragen – nicht nur nach konkreten Honoraren, sondern etwa auch, wie sie es geschafft haben, dorthin zu kommen.

Glaube an Dich selbst!
Den zweiten Schritt hat Chaikevitch mit „Mindset“ überschrieben. „Glaube an Dich selbst“, gab sie den Workshopteilnehmer*innen mit auf den Weg. „Nur Du entscheidest über Deinen Selbstwert“, betonte sie – auch, wenn ein Kunde ein schlechtes Angebot mache. Es gehe um den Mehrwert, den der Journalist oder die Journalistin liefere, nicht darum was er brauche, um Stromkosten und Miete zu bezahlen.

Das eigene „Erfolgstagebuch“
Eine Art „Erfolgstagebuch“ zu führen, riet die „Frau verhandelt“-Geschäftsführerin im dritten Schritt. Hier gehe es darum, die eigenen Stärken und Fähigkeiten zu erarbeiten – am besten schriftlich. Dahinter steht der Gedanke, sich selbst vor Augen zu führen, wie man für die eigenen Kunden Mehrwert schafft.

Es spreche nichts dagegen, direkt bei Kunden nachzufragen, wie ein Text ankam. Und auch, wenn ein Auftrag abgelehnt wurde, sollte man nach dem „Warum“ fragen. „Daraus kann man unglaublich viel lernen“, lautet Chaikevitchs Erfahrung, die inzwischen, wie sie erzählt, rund 500 Menschen, vor allem auch über ihre Onlinekurse, zu besseren Honoraren verholfen habe.

Magische Zahlen und weitere Ziele
Im vierten Schritt geht es dann um die konkrete Vorbereitung des Honorargesprächs: „Definiere Deine Ziele“, empfahl die Referentin – und zwar die monetären wie auch mögliche weitere: Folgeaufträge, Weiterempfehlungen, einen Bericht zur eigenen Person. Und im Gespräch könne man durchaus einmal den Ball rübergeben nach dem Motto: „Was können Sie denn sonst noch für mich tun, wenn das Honorar schon so niedrig ist?“

Mit „drei magischen Zahlen“ sollte man ferner in Verhandlungen gehen: Der „Juhu-Zahl“, einer Mindestzahl und einer „Ich-denke-nochmal-drüber-nach-Zahl“. Weitere Fragen, die man für sich vorher klären sollte: Wer ist das Gegenüber und wie kann man auf die Ziele dieser Person einzahlen? Und wie schafft man eine „Win-Win-Situation“?

Antworten auf Totschlag-Argumente in der Hinterhand
Zudem ganz wichtig laut Chaikevitch: Man sollte den Umgang mit Totschlag-Argumenten bewusst vorbereiten und sich Antworten und Reaktionen zurechtlegen.

Erklärt das Gegenüber etwa, dass kein oder nur zu wenig Budget zur Verfügung steht, sollte man nie sofort zustimmen, sondern hartnäckig bleiben und proaktiv rangehen, zum Beispiel mit offenen Rückfragen: Wie ist der Prozess um ans Budget ranzukommen? Wann wird das Budget zur Verfügung stehen? Wann setzen wir uns wieder zusammen?

Auch könne man dem Verhandlungspartner anbieten: „Gerne können Sie wieder auf mich zukommen, wenn Sie das entsprechende Budget zur Verfügung haben“ oder damit argumentieren, dass die eigene Leistung eine Budgetanpassung durchaus rechtfertige.

Gesprächsleitfaden und Musterantworten
Erst im fünften Schritt ging es dann um die konkrete Vorbereitung des Verhandlungsgesprächs. Hier riet die Expertin dazu, einen Gesprächsleitfaden zu erstellen ähnlich einem Drehbuch, Musterantworten auf mögliche Argumente vorzubereiten und vor dem Spiegel zu üben. Die Referentin appellierte: „In Eurem Job verkauft Ihr Eure Lebenszeit.“ Die Höhe des Gehalts habe Auswirkungen auf die Rente, das Vermögen und die eigene Freiheit.

Über die Grenzen der eigenen Berufsgruppe hinaus
Abschließend listete sie Tipps und Ideen zur Umsatzsteigerung im Journalismus und empfahl kreativ zu werden sowie über die Grenzen der eigenen Berufsgruppe zu schauen: Corporate Blogging, Social-Media-Texte, Nischen suchen, Marketing- und Website-Texte, SEO, E-Mail-Marketing, Weiterbildungen, die strategische Veröffentlichung von E-Books zu gefragten Themen, Schreib-Retreats und Onlinekurse sowie Kooperationen mit Agenturen fanden sich auf ihrer Liste.

Michaela Schneider

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Das Programm der nächsten beiden FREItage am 23. und 30.10. – auch einzelne Anmeldungen sind noch möglich:

FREItag, 23. Oktober 2020 Workshops

Workshop 5:
Krisenkommunikation – Tipps aus der Praxis für den Notfall
mit Eva Werner
FREItag, 23.10., 14 Uhr

Workshop 6:
Ordnung ist Mehr-wert – Strategien für den täglichen Workflow
mit Hans-Werner Rodrian
FREItag, 23.10., 15:30 Uhr

FREItag, 30. Oktober 2020 Workshops

Workshop 7:
Individuelle Rechtsberatung 
mit Stefan Marx, Justiziar des BJV
FREItag, 30.10., 14 Uhr

Workshop 8:
Lean Video – In zehn Schritten  zum  fertigen Film
mit Gesine Jordan
FREItag, 30.10., 15:30 Uhr

Schlagworte:

#FREItag2020

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