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vordere Reihe: Lin Luohua, Michael Klehm, Rainer Reichert und Zhongwei Jin, hintere Reihe: Wolfgang Grebenhof, Thomas Mrazek, Xing HuiNa, Wei Yu, und Li Shijia
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Maria Goblirsch

Aktuell

„Ungesunde Inhalte werden aussortiert“

Chinesische Delegation diskutiert mit BJV-Vertretern die Situation der Medien

München, 04.12.2013

Mit allzu vielen Förmlichkeiten wollten sich die Gäste aus der Volkrepublik China bei ihrem Besuch in der BJV-Geschäftsstelle nicht aufhalten, lieber gleich Fragen stellen wie diese: Gibt es bei Ihnen die Möglichkeit, Mitgliedern auf die Finger zu klopfen, die sich nicht an die Regeln der Presse halten? Wer bekommt einen Presseausweis? Dürfen Sie Spenden annehmen? Oder: Gibt es bei Ihnen auch Onliner?

Fünf führende Mitglieder aus der für zwischenstaatliche Medienkooperation zuständigen Hauptabteilung im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) bereisten vom 24. bis 30. November 2013 Deutschland. Die Delegation unter Leitung von Lin Luohua, dem leitenden Vizepräsidenten der Shanghai Mediagroup (SMG), informierte sich beim BJV über die Arbeit eines Journalisten-Verbandes und das deutsche Presserecht, stellte sich aber auch den kritischen Fragen der DJV- und BJV-Vertreter.

Wolfgang Grebenhof, Beisitzer im DJV-Bundesvorstand, sprach die in Aussicht gestellte Liberalisierung an. China habe sich öffnen und den Zugang zu den Medien liberalisieren wollen. Gehe das Land jetzt nicht eher einen Schritt zurück? Xing HuiNa, Stellvertretende Direktorin der All China Journalists Association, betonte, die Entwicklung gehe in die Richtung Öffnung, aber: „Ungesunde Inhalte werden aussortiert.“

Auf Nachfrage, was man darunter zu verstehen habe, ergänzte die Chefin des chinesischen Journalistenverbandes: „Gerüchte, abstruse Ideen, die sich im Netz schnell verbreiten.“ Man sei dabei, „die Umgebung im Netz zu sanieren“. Die User sollten sich daran gewöhnen, “ sich ordentlich im Netz zu bewegen“.

Ein Delegationsmitglied ergänzte, der einzelne Nutzer habe inzwischen das Recht, sich bei übler Nachrede oder Beleidigung vor den Gerichten zu wehren. Aber diese Gerichte seien völlig überlastet, da es sehr viele solche Beleidigungsklagen gebe. Schadensersatz drohe, aber auch Haftstrafen.

„Werfen Sie doch Google raus“
Lebhaft diskutiert wurde auch die Frage einer Zensur des Internet. Zhongwei Jin, Chefredakteur der Shanghai Observer Website, wand dabei ein, dass faktisch auch in Deutschland durch Google als dominante Suchmaschine eine Art Zensur stattfinde. Google bestimme als einziger, „was Sie finden oder nicht finden. Lernen Sie von China und werfen Sie Google raus“, empfahl er.

Inzwischen ersetze Baidu (ein chinesisches Unternehmen, das seit dem Jahr 2000 eine Suchmaschine betreibt, die Red.) Google nahezu vollständig in der Volksrepublik. „Aber wir können Google noch nutzen“.

Pressefreiheit als „romantische Verklärung“
Kontrovers diskutierte die chinesisch-bayerische Runde auch die Rolle des Journalisten. Während Michael Klehm, Referent für Internationale Beziehungen im DJV, betonte, wie wichtig es hierzulande sei, dass der einzelne Journalist frei und unabhängig berichten könne, beschrieb Li Shijia, zweite Sekretärin der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas ihre Sichtweise: Bei dem derzeitigen Entwicklungsstand der Gesellschaft in der Volksrepublik könne man nicht den westlichen Begriff von Pressefreiheit anwenden. Universelle Werte und Pressefreiheit nach westlicher Sicht halte sie für „eine romantische Verklärung“.

Medien sollen Menschen zum positiven Denken bringen
Wenn uns die Kontrolle entgleitet, würde China das nicht verkraften und den Staat hindern, seine Probleme zu lösen “, betonte sie. Journalisten hätten in der Volksrepublik daher eine gesellschaftliche Verantwortung. „Diese besteht darin, den chinesischen Entwicklungsprozess zu unterstützen und dabei mitzuhelfen, dass die Menschen positiv denken und nach oben kommen – nicht zu kritisieren!“.

Denn werde nur negativ berichtet, mache das die Leser und Nutzer depressiv. Vergleiche man freilich die Entwicklung vor fünf Jahren und heute, sei durchaus eine positive Entwicklung in Richtung Pressefreiheit festzustellen. 

Der von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierte Meinungsaustausch zwischen chinesischen PR- und Medienvertretern und deutschen Institutionen wie den Journalistenverbänden soll im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Vertrauen bilden statt Stereotype und Vorurteile zu pflegen, ist das Ziel des Besuchsprogramms. Auch der BJV wird 2014 wieder das Gespräch aufnehmen.

Maria Goblirsch

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