Blaues Dankeschön von Thomas Mrazek (links im Bild) aus München-Giesing (Sitz der BJV-Geschäftsstelle) an Alexander Wagner: Das Werk der Münchner Journalist*innen Anne Wild (Foto) und Ralph Drechsel (Text): Mein Verein für alle Zeit
Foto: Udo Dreier, bayernpress.de

Fachgruppe Online

Mit seriösem Sportjournalismus an die Spitze

BJV-Kolleg*innen besuchen kicker.de in Nürnberg

München, Nürnberg, 17.04.2019

Vor gut zehn Jahren besuchte die Fachgruppe Online erstmals kicker.de, damals wie heute hat sich das Netz-Angebot bei den Reichweiten ganz oben platziert. Die Schlagzeile des Fachmagazins Meedia „IVW-Monat Februar: kicker überholt mit spektakulärem 40%-Plus Focus Online und springt in die Top 5“ dürfte den Nürnberger Kollegen besonders gut gefallen haben. Seit 2006 schreibt kicker.de schwarze Zahlen.

„Wo sind denn Ihre Pappkameraden geblieben?“, möchte der Autor von Chefredakteur Alexander Wagner bei der Begrüßung wissen. Beim Besuch 2008 spalierten vor den Besuchern noch zahlreiche Fußballweltmeister aus Pappe auf den Fluren des Olympia-Verlags (siehe auch Bericht im BJVreport 6/2008: Qualitätsbewusstsein lohnt sich). Die Heroen aus vergangenen Zeiten seien mittlerweile in den Büros untergekommen, erklärt Wagner, der die Online-Redaktion seit dem Start 1997 leitet.

Storytelling am Bau
Jetzt ist auch im vierstöckigen Verlagsgebäude „Storytelling“ angesagt. Auf den Treppenwänden begleitet den Besucher nämlich seit 2013 die Geschichte des 1920 gegründeten Magazins an den Wänden. Die Etagen sind jeweils mit einem großflächigen Bild zu den deutschen WM-Erfolgen 1954, 1974, 1990 und 2014 illustriert – Storytelling vom Feinsten. Der FC Bayern habe sich diese Gestaltung zum Vorbild für seine Räume an der Säbener Straße in München genommen, berichtet Wagner stolz. Dass der Verlag für einen weiteren deutschen WM-Erfolg aufstocken muss, erwartet der Fußballexperte in naher Zukunft nicht.

Vor der Zukunft ist den kicker-Kollegen überhaupt nicht bange, Online läuft sehr gut; die Auflage der gedruckten Hefte, die am Donnerstag und Montag erscheinen, stagniert zumindest auf einem hohen Niveau. „Es ist nicht geplant, Print einzustellen“, erklärte David Riedel, stellvertretender Leiter der Printredaktion. 2020 wolle man den hundertsten Geburtstag mit einigen Veranstaltungen feiern, kündigte Wagner an.

Fußball & mehr fast rund um die Uhr
23 Festangestellte arbeiten für Online, 25 für die Druckausgabe, außerdem berichten 25 Reporter sowie viele freie Mitarbeiter*innen (laut Impressum drei Redakteurinnen). Bei der Olympia-Verlag GmbH, die u.a. noch das Magazin Alpin herausgibt, sind rund 150 Menschen beschäftigt. Das 24/7-Prinzip gibt es beim kicker (noch) nicht – jedoch arbeite die Redaktion 18 bis 19 Stunden täglich. Online und Print arbeiteten gemeinsam „auf Augenhöhe“, beschrieb Wagner die enge Zusammenarbeit der auf den unterschiedlichen Ausspielkanälen.

Fast unabhängig von Facebook, Google & Co.
Seit dem Redaktionsbesuch 2008 hat sich im Online-Journalismus einiges getan, insbesondere haben sich die sozialen Medien bei fast allen Internet-Nutzern etabliert. Für einige Medien sind Facebook & Co. ein Fluch, bei anderen sind sie als „Klickbringer“ ein Segen. „Ich bin für unser Haus entspannt“, sagte Wagner, denn: „93 Prozent unserer Nutzer kommen über Direkteingabe von kicker.de zu uns und nicht über Social Media“.

Der kicker betreibe keine SEO (search engine optimization), erklärte der Chef-Onliner. Man wolle seine Inhalte nicht durch Google bestimmen lassen. „Wir haben niemals Clickbaiting betrieben, wir stehen für seriöse Sportberichterstattung“, erzählte Wagner den Besucher*innen.

Ohne eigene Beteiligung in Social Media geht es freilich nicht: Diese Kanäle werden von einem Team innerhalb der Digitalredaktion betreut. Bei Facebook hat das Sportmagazin rund 460.000 Fans, bei Instagram 520.000 Abonnenten. Wagner erwähnte, dass man damit immerhin den dritten Platz unter den deutschen Medienangeboten bei Instagram belege. Dies zeige ihm, dass der kicker auch bei Jüngeren gut ankomme.

Nachhaltiger Sportjournalismus
Zur guten Resonanz für die Marke kicker trage vor allem das journalistische Konzept bei: „Wir betreiben nachhaltigen Sportjournalismus“. Ab und zu sei man beispielsweise durch das vorhandene Reporternetzwerk Erster bei Fußballerpersonalien. „Mit unserer Marke haben wir ein besseres Standing“, ergänzte Wagner. Auch habe die Sorgfalt immer Vorrang vor der Aktualität.

Ebenso lege man auf ethische Aspekte einen großen Wert: „Ein torkelnder Diego Maradona [bei der WM 2018, T.M.] findet bei uns nicht statt“. Skeptisch beurteilte Wagner den Roboterjournalismus: „Medien die vorgaukeln bei einem Spiel gewesen zu ohne dass erwähnt wird, dass dieser Text von einer Maschine erzeugt wurde – das geht nicht“. Wo künstliche Intelligenz bei kicker.de eingesetzt wird, verriet der Redaktionsleiter indes nicht.

Männerdomäne Fußball
Das Alter der Leser der gedruckten Ausgabe läge bei durchschnittlich 49 Jahren. Laut den Print-Mediadaten ist der kicker übrigens der männlichste deutsche Titel: 98 Prozent der Leser sind Männer. Das spiegelt sich auch bei der redaktionellen Besetzung wider: Im Impressum der Online- und der Print-Redaktion sucht man fast vergeblich Kolleginnen. Immerhin seien bei den letzten vier Einstellungen zwei Frauen dabei gewesen, sagte Wagner. Unter den 15 BJV-Besucher*innen waren es immerhin fünf Frauen.

Die Strahlkraft des Fußballs
Die „Geschäftsgrundlage“ für den kicker sind die rund 20 Millionen Fußballfans in Deutschland, von denen das Magazin auf seinen verschiedenen Kanälen rund fünf Millionen erreicht.

Ob sich der Fußball durch die zunehmende Kommerzialisierung nicht selbst seiner Faszination und Anziehungskraft beraube, wie etwa die in dieser Hinsicht sehr kritischen Kollegen der Süddeutschen Zeitung immer wieder monieren, wollte der Autor von den kicker-Kollegen wissen. Wagner und Riedel teilten diesen „Kulturpessismus“ – bei aller Wertschätzung für die Kollegen – nicht. Wobei sie natürlich auch die Fehlentwicklungen beobachteten und darüber berichteten.

Wagner betonte die „immense Strahlkraft des Fußballs“. Selbst wenn an Wochenenden eine Europaliga die Bundesliga verdrängen würde: „Die Menschen werden trotzdem Fußball schauen“. Auch habe sich das Fanverhalten komplett verändert, Fans würden mitunter Idolen wie Messi oder Ronaldo von einem Verein zum anderen folgen.

In der Produktentwicklung des Sportmagazins arbeite man stetig daran, den Digitalbereich (wie vielfältig das Angebot hier ist, zeigen auch die Mediadaten für kicker digital) weiterzuentwickeln. Schließlich müsse im Digitalen die schwindende Printauflage aufgefangen werden. Die Kolleg*innen waren nach dem gut zweistündigen Redaktionsbesuch überzeugt, dass auch die Marke kicker ihre Strahlkraft in Zukunft behalten wird.

Zu dem Redaktionsbesuch eingeladen hatten die Fachgruppe Online und der Bezirksverband Franken – Nordbayern.

Thomas Mrazek

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