Ausgabe 1 / 2016
„Sie haben doch schon genug fotografiert"
Manchmal möchten fast alle Beteiligten die Bildjournalisten nur noch los sein
Deutschland diskutiert in diesen Tagen besonders intensiv, wie Journalisten bei der Ausübung ihres Berufs behindert werden. Endlich, muss man sagen. Denn Schläge gegen Berichterstatter, das Abdrängen von Kameraleuten, das Beschmieren von Objektiven mit Fett oder gar Morddrohungen nehmen zu. Sie sind nicht bloß unangenehme Begleiterscheinungen, sondern gezielte Attacken auf die Rechtsordnung, also feindliches Verhalten gegen den Staat. Diese einfache Logik aufzuzeigen, halten immer noch viele Kolleginnen und Kollegen eines auch zur Zurückhaltung verpflichteten Journalisten für unwürdig.
Extrablogs von BJV und DJV
Doch Pegida und ihre Ableger haben offenbar ein Umdenken bewirkt. Zeitungen und Rundfunk berichten ausführlich über die Angriffe. Der Deutsche Journalisten-Verband hat auf Initiative seines Vorsitzenden Frank Überall den Blog augenzeugen.info eingerichtet. Dort berichten Journalisten, welche Restriktionen, ja welche Gewalt sie erfahren haben. Der DJV fragt nach, fühlt Politikern auf den Zahn. Ziel sei es, sagt Überall, für einen fairen Umgang mit Berichterstattern zu werben und gleichzeitig Verantwortliche in der Politik für die wachsende Problematik zu sensibilisieren. Der Bayerische Journalisten-Verband bietet unter bjvlinks.de/rechts eine Sammlung von Links zum Thema Rechtsextremismus und Journalismus.
Dass die Situation nicht nur auf den großen fremdenfeindlichen Demonstrationen in Dresden und Leipzig eskaliert, sondern auch in Bayern ein Problem ist, bestätigt Rudi Ott. Dem Nürnberger Fotografen wurde bei einer Demo von einem Rechtsradikalen die Kamera zugehalten, der Mann bedrohte den Kollegen. Ott sprach einen Polizisten an, der etwa zehn Meter entfernt stand, aber nicht reagiert hatte. „Haben Sie das gesehen?" Der Beamte zuckte mit den Achseln und meinte, naja, der Bildjournalist habe doch schon genug Fotos im Kasten. Ein andermal wollte Ott in Fürth eine Art Marschallstab mit Kugel und Adler fotografieren, den ein Demonstrant der rechten Szene mit sich trug. Auch dort wurde Ott behindert. Ein Polizeibeamter äußerte sich dazu lediglich nach dem Motto, er solle mit dem dauernden Fotografieren nicht noch Öl ins Feuer gießen.
... weiterlesen im BJVreport 1/2016, Seite 11
Von Michael Anger und Senta Krasser
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BJV Report 1 / 2016 (pdf, 9MB)