Ausgabe 6 / 2014
Zensur statt Freiheit
Die Bundesregierung bedroht mit dem Gesetz zur Tarifeinheit die Grundrechte der Arbeitnehmer
Man muss nur lange genug warten, dann lassen Politiker die Katze aus dem Sack. Laut Neuer Westfälischer vom 20. November zeigte sich Anette Kramme, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, überzeugt, das geplante Tarifeinheitsgesetz werde dazu führen, dass die Bahn AG ihre Betriebe so umstrukturiert, dass die DGB-Gewerkschaft EVG jeweils die Mehrheit hat.
Damit plauderte die 47-jährige Bayreutherin aus, was viele Beobachter angesichts der Hartnäckigkeit der Bundesregierung vermuten: Überall, wo Erfolge kleinerer Gewerkschaften „drohen", soll die Vorherrschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes gesichert werden, weil mit Monopolisten einfacher Kompromisse zu erzielen sind. Die Gefahr: Ganz ohne Verbot werden dabei letztendlich so genannte Berufsgewerkschaften wie Marburger Bund, Gewerkschaft der Lokführer und auch der Deutsche Journalisten-Verband, und damit auch der BJV, als Anwalt der Arbeitnehmer in den Betrieben ausgelöscht.
Bundesarbeitsgericht dagegen
Ob der Politikerin die Tragweite ihrer Mittäterschaft am Gesetz bewusst ist, mag bezweifelt werden. Auf Seite 20 dieses BJVreports veröffentlichen wir Auszüge aus Antwortschreiben von Abgeordneten an den BJV-Vorsitzenden Michael Busch. Dort spricht Kramme harmlos von geordneten Bahnen, in die Pluralismus gelenkt werden müsse. Der existiert, rechtlich gesichert, nämlich erst seit 2010. Damals gab das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz der Tarifeinheit auf und schloss sich dem Argument an, dass der Artikel 9 des Grundgesetzes Koalitionsfreiheit gewähre. Wer sich einer Gewerkschaft anschließt, gehe mit ihr eine Koalition ein. Werde der Tarifvertrag dieser, im Betrieb kleineren Gewerkschaft wegen der Tarifeinheit nicht anerkannt, werde der Arbeitnehmer „um die Früchte seiner Koalition" gebracht, folgerte das Gericht und damit der Artikel 9 verletzt.
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von Michael Anger
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