Ausgabe 3 / 2018
Ausgespäht
Überwachte Journalisten
Journalisten und ihre Informanten geraten ins Visier von Geheimdiensten und der Justiz. Sie werden wegen ihrer Recherchen angefeindet, bedroht und ausspioniert. Mancher Investigativjournalist übergibt sensible Dokumente nur persönlich, weil auch verschlüsselte Kommunikation im Internet zu knacken ist.
Und Einschüchterungsversuche bis hin zu Morddrohungen richten sich nicht selten gegen Exiljournalisten, die aus Angst vor staatlicher Verfolgung aus ihren Heimatländern nach Deutschland geflohen sind. Doch wie gehen Kollegen mit dem Wissen, dass „Big Brother“ sie beobachtet, ganz konkret um? Petra Reski, Autorin des Buchs „Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern“, der ukrainische Exiljournalist Aleksei Bobrovnikov, der freie Journalist und Rechtsextremismus-Experte Johannes Radke sowie Correctiv-Reporter Frederik Richter erzählen.
Bedroht, verklagt, verleumdet
Petra Reski hatte ihr Buch über die Machenschaften der Mafia in Deutschland im Jahr 2008 kurz nach den Mafiamorden von Duisburg veröffentlicht. „Danach wurde ich bedroht, verklagt und verleumdet. Und daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert“, erzählt die Journalistin, die in Venedig lebt. Auch vor 2008 hatte Reski für deutsche Medien über die Mafia geschrieben, bis dahin jedoch nur „die üblichen Probleme“ gehabt, die sich eben ergäben, wenn man etwa in San Luca oder Corleone recherchiere. Der Sohn eines Mafiabosses verfolgte sie mit dem Auto. Ein anderes Mal rettete sie nur das Auftauchen der Polizei davor, zusammengeschlagen zu werden. Ihre Artikel über Machenschaften der Mafia in Italien in deutschen Medien hätten die Mafiabosse indes nicht allzu sehr beunruhigt.
Das änderte sich von einem Moment auf den anderen, als sie 2008 ihr erstes Mafia-Buch veröffentlichte und darin auf die Situation in Deutschland blickte. Die Autorin wurde mit Unterlassungsklagen und Strafanzeigen überzogen – und hatte dabei noch Glück, dass der Verlag hinter ihr stand und die Prozesskosten übernahm. „Das Vorgehen ist perfide. Diese Leute verklagen den Autor als Person und den Verlag immer getrennt, um den Verlag gegen den Autor auszuspielen“, sagt sie. Bei einer Lesung in Erfurt wurde sie von Personen im Publikum massiv bedroht, bei öffentlichen Veranstaltungen stand sie fortan unter Polizeischutz. Ein Kläger wendete sich im Gericht mit den Worten an Reskis Anwalt: Er möge der Mandantin ausrichten, dass sie das nächste Mal besser mit sechs Polizisten kommen solle als mit zwei.
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von Michaela Schneider
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